Geschrieben am 1. August 2012 von für Musikmag

Bonnie ‘Prince’ Billy: Now Here’s My Plan EP

Bonnie ‘Prince’ Billy: Now Here’s My Plan EPDer Herr ist eine Offenbarung

– Palace, Palace Music, Palace Brothers, Bonnie ‚Prince’ – bilden Sie eine Reihe! Die Galionsfigur des Alt-Country ist unter noch mehr Namen bekannt. Die Rede ist natürlich von Will Oldham, dem gutmütigen Kauz, der seine Songs gerne einmal unter verschiedenen Pseudonymen neu interpretiert. Sein aktueller Streich ist die EP „Now Here’s My Plan“, auf der er ausschließlich Songs neues Leben einhaucht, die er als Bonnie ‚Prince’ Billy bereits veröffentlichte.Von Janine Andert

Ok, „Beast For Thee“ stammt von „Superwolf“, einem Album, das er 2005 zusammen mit Matt Sweeney herausbrachte. Aber wir wollen hier nicht kleinlich sein. Das halbe Ensemble vom letztjährigen Album „Wolfroy Goes To Town“ war an der EP beteiligt, und Langzeitproduzent Steve Albini, der seine Finger schon bei Palace Music mit im Spiel hatte, durfte auch nicht fehlen. Das riecht nach Retrospektive. Ist es irgendwie auch. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der EP erscheint nämlich auch das Buch „Will Oldham on Bonnie ‘Prince’ Billy“.

Workaholic Oldham covert sich auf seiner vierten EP in diesem Jahr (!) also wieder einmal selbst. Herausragend und Herzstück des Albums ist „I See A Darkness“ (Original auf „I See A Darkness“ 1999). Die von Johnny Cash im Jahr 2000 geadelte ultimative Hymne aller Schwarzseher verwandelt sich in eine Pop affine Nummer, an der sich die Exegese des klassischen, fröhlichen Popsongs mit depressivem Text exemplifizieren ließe. Nicht schlecht. Auch Pessimisten sollen gute Tage haben und jetzt auch einen passenden Soundtrack dafür. Man sollte ja mit guter Laune nicht gleich übertreiben. Getreu dem Titel der EP „Now Here’s My Plan“ ist ein langsames Gewöhnen an verquere optimistische Weltsichten möglich. Das passende Video liefert Herr Oldman auch gleich mit. Im hellen Sommeranzug tanzt er slapstickmäßig durch die Gegend. Im Entenwatschelgang mit skurrilen Effekten auf den Augen der Protagonisten veralbert und feiert er einen ganz großen Song der Popgeschichte.

Der Optimismus setzt sich in den weiteren fünf Tracks fort. Angel Olsen unterstützt mit ihrem Gesang. Frauenstimmen tauchten ja immer wieder auf den letzten Alben auf. Auf „Now Here’s My Plan“ erreicht der prozentuale Anteil an Weiblichkeit seinen gefühlten Höhepunkt. Das mag an der prägnanten Stimme Olsens liegen. Mitunter ist das erfrischend, mitunter wirkt das aber auch countryesk und altbacken. Bei „After I Made Love To You“ (Original auf „Ease Down the Road” 2001) verleihen Oldham und Olsen dem einst intimen Duett Opulenz und einen expressiven Charakter. Bei „Three Questions“ (Original auf „Master & Everyone“, 2003) hätte sie besser geschwiegen. Sie hat eine tolle Stimme, aber dieses Kolorit des Leidens geht arg auf den Sack und klingt in seiner Antiquiertheit verdammt nach Mittlerem Westen. Songs von Bonnie ‚Prince’ Billy drehen sich grundsätzlich um die traurigen Seiten des Lebens – feinfühlig, sanft. Oldhams Stimme verleiht ihnen so etwas wie Authentizität. Da muss keine Tante offensichtlich leidend übertreiben. Aber die unschlagbare Version dieses Songs ist sowieso auf dem Live-Album „Wilding In The West“ (2008) zu hören.

Untypisch an „Now Here’s My Plan“ bleibt letztlich, dass sich Will Oldham keinen neuen Namen für das Kind ausdachte. Seitdem ihn der amerikanische Rolling Stone in den Pop-Olymp erhoben hat, überlässt er das Verwirrspiel wechselnder Pseudonyme sowieso seinem Alt-Country-Kollegen Bill Callahan.

Grundsätzlich fehlt „Now Here’s My Plan“ die Kautzigkeit und der Outlaw-Status des Oldhamschen Früh- und Hochwerks. Aber auch Lieblingsmusiker haben ein Recht auf Weiterentwicklung und wachsenden Optimismus. Hörbar ist das allemal. Und wer wie ich noch an den alten Scheiben hängt, wird ebenfalls vom Label belohnt. Anfang des Jahres erschienen bereits fünf Neuauflagen alter Palace-/Palace-Brothers-Alben. Nun werden auch noch die sechs wichtigsten Werke („Arise Therefore“ 1996, „Joya“ 1997, „I See A Darkness“ 1999 (Meilenstein der Musikgeschichte), „Greatest Palace Music“ 2004 [ein Album, ohne das man nicht überleben kann], „Ease Down The Road“ 2001, „Master And Everyone“ 2003 [das unschlagbare Herzschmerzalbum!] unter dem Namen Bonnie ‚Prince’ Billy wiederveröffentlicht. Beides im wirklich dekorativen und Platz sparendem Digipack. Für Ästheten ein absolutes MUSS! Wem Äußerlichkeiten Schnuppe sind – genau die richtige Gelegenheit, fehlende Alben nachzukaufen.

Man kann einfach nie genug Will Oldham hören, denn der Herr ist eine Offenbarung. Sei es, weil er Ängste und Traurigkeit in herausragende Songs verpackt, sei es, weil man mit ihm neuerdings Optimismus erlernen kann.

Janine Andert

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