Geschrieben am 25. September 2013 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit MGMT, Jastreb und Crystal Stilts, gehört von Ronald Klein (RK), Tina Manske (TM), und Chistina Mohr (MO).

mgmt_ditoRegenbogenfarben

(TM) In diesem Jahr entschließen sich besonders viele Bands, ihr neuestes Album nach sich selbst zu benennen. Damit ist die Erwartung verbunden, mit dieser Platte komme man der Essenz des eigenen Selbstverständnisses besonders nahe. So gesehen ist „MGMT“, das neue Album von Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser, ein starkes Statement, und es schreit: Erwartungen zu entsprechen, darauf haben wir keinen Bock. Es kommt nicht von ungefähr, dass gerade „Introspection“, der Remake des Titels der Band Faine Jade aus den 60er-Jahren, einer der stärksten Songs des Albums ist.

MGMT verweigern sich weitestgehend der Produktion von Hits wie auf früheren Alben („Kids“, „Electric Feel“ etc.). Die beiden Einstiegssongs „Alien Days“ und „Cool Song No. 2“ sind noch am ehesten dran, aber auch sie sind noch psychedelischer, noch düsterer, als man das von der Band gewohnt ist, und es ist nicht anzunehmen, dass das in den Charts gewürdigt wird. Egal, wer 60s-Psychedelic und wabernde regenbogenfarbige Sounds mag, die ganz offensichtlich aus einer nie enden wollenden Jamsession erwachsen sind, der wird auch „MGMT“ gut finden.

MGMT: dito. Sony Music.

jastreb_mothereuropeVerschroben

(RK) Fast ein Vierteljahrhundert stellte der jugoslawische Flugzeugbauer Soko den leichten Jagdbomber Jastreb her, der auch als Aufklärungsflieger Verwendung fand. Nach dem Untergang Jugoslawiens benutzte die serbische Luftwaffe die Maschinen weiter. Jedoch integrierten auch Kroatien, Libyen und Zaire die in Mostar gefertigten Flugzeuge – ein Relikt einer vergangenen Epoche. Ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt auch das Zweitwerk der kroatischen Formation Jastreb, die im letzten Jahr mit „Yggdrasil“ bereits eine krautig-verschrobene Kassette (!) veröffentlichten. Auch das Zweitwerk bleibt analog: Es erscheint lediglich in Form einer LP, CD- oder Download-Versionen sind nicht geplant.

Entsprechend imposant erscheint bereits das großformatige Cover, das eine Bergspitze vor strahlend-blauem Himmel zeigt. „Mother Europe“ wird erneut rein instrumental mit flirrend-fiependen Synthesizern und einer eindrucksvollen Gitarrenwand akustisch illustriert. Ebenso wenig wie Europa isoliert entstand, beschränken sich die Klänge nicht auf hiesige Sphären. Orientalisch bezaubernd, vereinnahmend erklingt der vorletzte Track der A-Seite (alle Songs sind unbetitelt), bevor die erste Hälfte episch-rockig ihren Ausklang findet. Schließt man die Augen, sieht man bisweilen Filme aus den 70er-Jahren vor sich, die ebenso in Osteuropa wie auch Süddeutschland oder am Mittelmeer entstanden sein könnten. Jatrebs Sound-Ästhetik changiert zwischen wunderbarer Verschroben- und Vertrautheit.

Jastreb: Mother Europe. Hauruck.

crystal stilts_Songwriting vergessen

(MO) Vor fünf Jahren brachten Crystal Stilts aus Brooklyn, NYC das Album „Alight Of Night“ heraus und bildeten die Speerspitze einer unüberschaubaren Menge an Bands, die voll Wonne in Fuzz, Reverb und Trockeneisnebel baden und deren Vorbilder Joy Division und Velvet Underground heißen. The XX, The Pains of Being Pure At Heart, Vivian Girls, you name it.

Die Stilts, inzwischen vom Duo zum Quartett angewachsen, ließen schon auf dem 2011er-Album „In Love With Oblivion“ ihre Liebe zu den Doors erkennen, was sich auf der aktuellen Platte „Nature Noir“ manifestiert. Beziehungsweise: The Doors meet Gun Club meet Gallon Drunk, um mal den Referenzrahmen festzustecken. Sänger Brad Hargett croont in melancholischen Tiefen, während die Band mit atmosphärischen Versatzstücken aus Psychedelic, Alternative-Country, Folk und Prä-Punk-Garage einen mit schwarzem Samt und Zigarettenrauch ausstaffierten Sound baut.

Das ist genau bis zur Hälfte von „Nature Noir“, das sich inhaltlich am Mit- und Gegeneinander von Mensch und Natur abarbeitet, interessant und faszinierend: Die Single „Star Crawl“ mit dem halluzinatorischen Video oder das morrisoneske „Memory Room“ erinnern ältere HörerInnen an vergangene Zeiten, als Nick-Cave-Verschnitte in engen Lederhosen und spitzen Schuhen in der Indie-Disco rumstanden. Nach einer Weile ermüdet aber der immergleiche getragene Deklamationshabitus und man erkennt, dass Crystal Stilts sich zu sehr auf die Wirkung ihres Sounds verlassen und darüber das Songschreiben vergessen. Fazit: sechs tolle Songs mit nachfolgender gepflegter Langeweile.

Crystal Stilts: Nature Noir. Sacred Bones Records. Zur Homepage der Band.

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