Geschrieben am 19. März 2014 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit Liars, Joan As Police Woman, Miss Platnum und dem Soundtrack von „Only Lovers Left Alive“, gehört von Tina Manske (TM) und Christina Mohr (MO).

liars_messFantasievoll und farbenfroh

(TM) In Berlin wie in anderen Großstädten gibt es seit einiger Zeit Guerillagruppen, die Straßenlaternen, Brückengeländer etc. mit bunter Wollkleidung überziehen. Daran muss man unwillkürlich denken, sieht man die Promo der Liars für ihr neues Album, in der sie mit einer fantasievollen, farbenfrohen Imagekampagne bunte Wollfäden im öffentlichen Raum einsetzen, z. B. in ihrer Heimatstadt LA. Aber nicht nur von der offensichtlichen Begabung des Trios in Stilfragen soll hier die Rede sein, sondern von – wieder einmal – einer großartige Liars-Platte.

Dieses mal sind sie elektronischer denn je, und noch dazu darker als sowieso schon bisher. Liars legen sehr großen Wert darauf, sich in ihrem sehr idiosynkratischen Sound niemals zu wiederholen, und das gelingt ihnen auch. Trotzdem haben ihre Alben einen hohen Wiedererkennungswert. Worte wie Postrock, psychedelic electronic oder Punk Funk kommen ihrem Sound nahe, aber man muss schon selbst hören, mit welcher Perfektion sich diese Ingredienzen in diesen 11 Songs vereinen. Höhepunkte sind das düstere trip-hoppige „Boyzone“ und natürlich die Single „Mess On A Mission“, die wohl schon jetzt als Clubklassiker bezeichnet werden kann.

Liars: Mess. Mute (Goodtogo).

joanaspolicewoman_theclassicGroßes Soulalbum

(MO) Joan Wasser alias Joan As Police Woman ist ein offenes Buch für ihre Fans: jedes ihrer Alben repräsentiert eine Station in ihrem Leben. Auf „To Survive“ von 2008 verarbeitete die Ex-Punkmusikerin den Tod ihrer Mutter, mit „The Deep Field“ beschritt sie neue, hoffnungsvolle Wege. „The Classic“ ist Joans großes Soulalbum, das lange in ihr schlummerte: Klassisch sind die stilistischen Vorbilder wie Marvin Gaye und Tammy Terrell, klassisch ist die Produktion: die Songs wurden live in einem Take aufgenommen.

Upliftend-jubilierende Stücke mit Girlgroup-Gesang („Good Together“, „Witness“) treffen auf emotionale Balladen wie „What Would You Do“ und „Get Direct“, im Zentrum stehen Joans Stimme und ihr intensives Pianospiel – doch was die bisherige Laufbahn der Amerikanerin bestimmt, gilt auch für „The Classic“: ohne Freunde ist alles nichts. Joan spielte und sang schon mit Antony Hegarty und Rufus Wainwright; auf ihrem Album sind unter anderem Comedian Reggie Watts und Singer-/Songwriter Joseph Arthur dabei. Schließt man von „The Classic“ auf Joans Gefühlslage, geht es ihr offensichtlich großartig – und den HörerInnen auch.

Joan As Police Woman: The Classic. PIAS (Rough Trade). Zur Homepage.

missplatnum_glueckundbenzinWagnis

(TM) Ruth Renner alias Miss Platnum hat sich noch einmal neu erfunden. Weg von der Balkanmatrone, die sich mit rumänisch eingefärbtem Englisch von einer Weltmusikparty zur nächsten tänzelt und immer gut gelaunt und sexuell aktiv ist. Nein, auch Miss Platnum möchte mal die Zwischentöne hören lassen, möchte auch mal vom Zweifel singen und von der Melancholie, von der Angst vorm Verlassenwerden und von Innensichten.

Und das alles auf Deutsch! Deutsche Texte sind immer ein Wagnis, gefährlich nah ist der Kitsch und der Schlager. Nicht immer gelingt das Umschiffen dieser Klippen auf dieser Platte – „Frau Berg“ zum Beispiel gebraucht Worte wie „große Liebe“ und „Herz“ allzu reichlich, ohne das musikalisch aufzufangen und zu brechen. An anderen Stellen gelingt das besser, wie beim Opener „99 Probleme“, das sehr schön die „99 Problems“ von Jay-Z wieder aufnimmt. Besonders freut man sich aber doch, wenn der Balkan wieder aus Renner herausbricht, so wie am Schluss von „Letzter Tanz“.

Miss Platnum: Glück und Benzin. Four Music (Sony).

various_onlyloversleftalive_OSTLautenspieler

(TM) Dass der Zuschauer bei „Only Lovers Left Alive“, diesem doch eigentlich recht bräsigen Vampirfilm von Regisseur Jim Jarmusch, nicht komplett in Langeweile versinkt und an dem ewig vor sich hin leidenden Tom Hiddelston verzweifelt, liegt an genau zwei Faktoren: 1. Tilda Swinton, die nun mal gar nichts falsch machen kann und der man nur zu gern dabei zusieht, wie sie durch Tanger schwebt, und 2. dem famosen Soundtrack. Dafür holte sich Jim Jarmusch den Lautenspieler Jozef Van Wissem an Bord, mit dem er schon des Öfteren zusammengearbeitet hat.

Auch Jarmuschs eigene Band SQÜRL ist mit dabei, ergänzt von Gästen wie Yasmin Hamdan und Zola Jesus. Das Ergebnis sind schwermütige Klänge mit nordafrikanischem Akzent, und wenn es rockig wird, dann sehr sympathisch krautrockig. Das sind Stücke, die einem auch ganz ohne Theaterblut die Lider schwer machen. Man kann nicht oft genug betonen, dass so mancher Film durch die Musik gerettet wird, hier wäre mal wieder ein Beispiel dafür.

Various: Only Lovers Left Alive OST.

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