Geschrieben am 3. Juli 2013 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit Jagwar Ma, Teha Teardo & Blixa Bargeld und Waxahatchee, gehört von Tina Manske.

jagwarma_howlinRevivat!

(TM) Jono Ma und Gabriel Winterfield alias Jagwar Ma aus Australien vereinigen auf ihrem Debütalbum „Howlin“ mit Leichtigkeit Songwriting und Dancefloor. In ihren besten Momenten klingen sie dabei wie die Beach Boys, die sich als DJs wiedererfinden („Come Save Me“). Sie können aber auch den ganz straighten Floorfiller kreieren, wie sie mit dem beeindruckend perfekten Housetrack „Four“ beweisen, das seine vielen Layer geradezu mustergültig aufschichtet.

An anderer Stelle mischen sich Sounds der Sixties mit Big Beats und harmonische Gesänge mit fetten Ravesounds. Jetzt werden Sie natürlich sagen: gab es doch alles schon, in den 90ern, als „Madchester“-Bands wie die Happy Mondays den Rave in Startposition brachten und man sich massenweise bunte Pillen dazu einwarf. Ja, die Zeiten der diversen Revivals sind noch lange nicht vorbei. Aber wenn man die alten Goodies so souverän ins 21. Jahrhundert holt wie Jagwar Ma, hat man schon einen dicken Schulterklopfer verdient. Und dann aber schnell weitertanzen!

Jagwar Ma: Howlin. PIAS/Marathon Artists (Rough Trade).

tehoteardo_blixabargeld_stillsmilingSprache und Musik

(TM) Blixa Bargeld, der Frontmann der Einstürzenden Neubauten, hat eine selbst für ihn, den schillernden Tausendsassa, ungewöhnliche Platte aufgenommen, zusammen mit dem italienischen Filmkomponisten Teha Teardo. „Still Smiling“ wurde auf altmodische Weise erstellt, mit gegenseitigen Treffen in Rom und Berlin. Files mussten nicht hin- und hergeschickt werden, man bevorzugte die konzentrierte Arbeit zusammen im Studio. „Still Smiling“ ist ein kammermusikalisches Spiel geworden, man hört viele Streicher, wenig Synthies, gar keine Percussion.

Sprache ist immer wieder Thema in den 12 Songs des Albums. So auch in „What If…?“, in dem Bargeld den Selbstmordattentätern islamischer Herkunft die Frage stellt, was denn wäre, wenn im Himmel nicht die Huris warten. „What if it’s all just a mistake in the translation“… You don’t need to wear that belt.“ Leise Komik schwingt da mit, Bargeld nimmt sich auch nicht immer bierernst. Die Texte sind sehr persönlicher Natur, auch wenn sich Bargeld nach eigener Aussage beim Kreieren seiner Lyrics gern von Google unterstützen lässt. Besonders zu empfehlen ist auch die schöne Version des Tiger-Lilies-Songs „Alone With The Moon“.

Erste Sahne der Platte ist aber das wunderbare „Nocturnalie“, ein herrlich somnambules Stück über die Suche nach Sprache, das immer wieder in dem Satz „Dafür gibt es ein Wort“ gipfelt – doch das Wort selbst bleibt Leerstelle.

Teho Teardo & Blixa Bargeld: Still Smiling. Spècula/Audioglobe (Rough Trade).

waxahatchee_ceruleansaltFür Philosophiestudenten

(TM) Einem größeren Publikum ist die Singer/Songwriterin Katie Crutchfield alias Waxahatchee vor kurzem als Opener für die Shows von Tegan & Sara vorgestellt worden. Auch sie erfindet das Rad nicht neu, erinnert aber die älter Gewordenen unter uns an große Kollegen wie The Breeders und Chan Marshall. Aber auch die Jüngeren dürften sich von der meist nur mit Gitarre (akustisch und elektrisch) und ab und an einem Schlagzeug begleiteten punkgeschulten Gesang Crutchfields angesprochen fühlen.

Genau diese Nacktheit ihrer musikalischen Darbietung, verbunden mit ihrer Direktheit und Unschwülstigkeit, macht Waxahatchee so liebenswert. Großes Plus dieser Dame: Sie singt ihre düsteren Titel mit solcher Leichtigkeit, dass einem die Ungeheuerlichkeiten auf textlicher Ebene erst beim zweiten oder dritten Mal hören (wenn überhaupt) auffallen. Dann aber heftig: „Dead leaves crunch, I will not be missed/ I fill my jar up to the brim/ I am an arid abyss“ – oha. Eher für Philosophie- denn für Betriebswirtschaftsstudenten (die hier sowieso schon nicht mehr mitlesen).

Waxahatchee: Cerulean Salt. Wichita/PIAS (Rough Trade).

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