Geschrieben am 30. Januar 2013 von für Musikmag

Arbouretum: Coming Out Of The Fog

Arbouretum_ Coming Out Of The FogAmps auf 11

– Wo kommen die denn plötzlich her?, mag sich mancher fragen, der vom Doom-Folk Arbouretums aus den Latschen gehauen wird. Aber so ganz unverhofft aus dem Nebel, wie es der Titel ihre neuen Albums andeutet, kommt die Band aus Baltimore nun wirklich nicht, und in die Baumschule sind sie auch nicht gegangen. Mit dem Vorgängeralbum „The Gathering“ haben sie sich bereits in die Herzen der Kritiker gespielt, und überhaupt ist „Coming Out Of The Fog“ bereits ihr fünftes Album.

Zu wünschen wäre, dass sich Arbouretum damit nun endlich auch das ganz große Publikum erspielen, denn was Dave Heumann, ein alter Kompagnon von Bonnie ‚Prince‘ Billy (das hört man!), und seine Bandkumpels da spielen, ist Balsam auf die Seelen all derer, die an der Welt leiden.

In einer Zeit, in der Menschen für ihre 15 Minuten video fame alles tun, ist die Langsamkeit und Ruhe, mit der Arbouretum ihre massiven Gitarrenwände hochfahren, komplett anachronistisch. Also heilend. Da darf man es nicht so genau damit nehmen, dass sie für „Coming Out Of The Fog“ neuerdings ein Gefühl für Zeitökonomie (huch, welch grässlich Wort!) entwickelt haben und ihre Stücke nicht mehr ganz so ausufern lassen wie gewohnt.

Dreh- und Angelpunkt des Albums ist „All At Once The Turning Weather“: „Must have got me wrong, mistook me for some other/ through a shop window, reflected and reversed“, singt Heumann, und an solchen Zeilen merkt man, auf welch hohem Niveau auch die Texte des Quartetts sich bewegen. Das mag auch daran liegen, dass die Band Anleihen in der Literatur sucht. „Renouncer“ z. B. wurde inspiriert vom Buch „The Afterlives of the Saints“, in dem die Geschichte von Sankt Simeon erzählt wird, der in der syrischen Wüste 36 Jahre einsam auf einer Säule verbrachte, um nahe bei Gott zu sein.

Was das Skelett der Songs ausmacht – der Folk -, das kann man bei „Oceans Don’t Sing“ hören (mit einem überraschenden und beglückenden Tonartwechsel, der den Song in zwei Teile teilt) oder beim Titelsong, der das Album beschließt. Da dröhnt keine Gitarre, da ist nur Heumanns Stimme, seine wie immer präzise Gitarre, der Bass von Corey Allender, das positiv perlende Pianospiel von Matthew Pierce und ein wenig Steelguitar (Dave Hadley als Gast). Da merkt plötzlich, mit wie viel Grazie diese Songs gemacht sind.

Aber ganz ehrlich: würde alles so klingen, wären Arbouretum nicht halb so interessant. Wir lieben sie als harte Männer mit extrem weichen Kern, die wissen, wie man die Amps auf 11 dreht.

Tina Manske

Arbouretum: Coming Out Of The Fog. Thrill Jockey (Rough Trade). Zur Homepage von Arbouretum, die Band bei Facebbook und bei Thrill Jockey.

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