Ein wahrhafter Poet
– Adrian Crowleys Musik lässt den Hörer sofort an die großen Namen denken: Lee Hazlewood, Lou Reed, Scott Walker. Dunkle Melancholie mit dunkler Stimme besungen, das ist sein Metier, das er mit seinem mittlerweile siebten Album mit gewohnter Verve beackert. Vor einiger Zeit begeisterte uns seine Bearbeitungen von James-Yorkston-Songs, nun gibt es eine neue Platte mit seinen Eigenkompositionen. Dabei ist der Titelsong ein geradezu optimistischer: das berühmt-berüchtigte Blau in „Some Blue Morning“ ist nicht nur das der Schwermut, sondern tatsächlich ein Schimmer der Hoffnung auf einen zukünftigen, freudigen Tag. Crowley lässt in seinen neuen Songs viel Raum für den Hörer, in eigenen Gedanken zu schwelgen und die Lücken der Songs selbst zu schließen. Wunderbar orchestriert und arrangiert ist beispielsweise „The Gift“, „The Angel“ überzeugt mit seinen schweren Streichern und dem Wechsel zwischen getragener Fläche und rhythmisiertem Ende.
„And the only trouble you’ll get round here / is when wet leaves stick to the railway tracks“, heißt es in „Trouble“, einem Duett mit der Sängerin Katie Kim. Schöner und poetischer kann man die Einöde nicht beschreiben. Angelpunkt des Albums aber ist „The Wild Boar“, eine gespenstische Short Story über die nächtliche Begegnung eines Autofahrers mit einem Wildschwein im Wald – eine Geschichte von Stephen King’scher Größe. Lediglich von sparsam eingesetzten Zupfinstrumenten und atmosphärischem elektronischen Geflitter wird diese Geschichte begleitet, eine Genügsamkeit, die Crowley insgesamt gern an den Tag legt und die seinen Songs sehr gut ansteht. Hier, aber auch in den anderen zehn Songs zeigt er sich nicht nur als begnadeter Singer/Songwriter, sondern als wahrhafter Poet.
Tina Manske
Adrian Crowley: Some Blue Morning. Chemikal Underground (Rough Trade).