Geschrieben am 25. September 2013 von für Kolumnen und Themen, Litmag

Wolfram Schütte zum drohenden Aus der Filmabgabe

FilmfoerderungsanstaltMit allen Tricks & Finten: Ist die Filmförderung am Ende?

– Multiplexe rufen wg. „Filmabgabe” Verfassungsgericht an. Von Wolfram Schütte.

Sollte die Mutmaßung der SZ v. 21.8. 13 zutreffen & das Verfassungsgericht in der Verhandlung am 8. Oktober 2013 die sogenannte „Filmabgabe” kippen, welche die Kinos, die Videobranche & die TV-Anstalten an die „Filmförderungsanstalt“ (FFA) abführen, dann wäre die deutsche Filmförderung halbwegs am Ende. Denn die FFA wäre obsolet geworden & mit den Bundesfilmpreisgeldern allein eine deutsche Filmproduktion nicht auf die Beine zu stellen & zum Laufen zu bringen.

Nie haben die bundesdeutschen Kinobesitzer die sogenannte „Filmabgabe” gemocht. Jahrzehntelang haben sie dagegen prozessiert. Nun suchen einige von ihnen durch einen Trick, der in der Bundesländer-Verfassung liegt, durch diese Hintertür zu einem späten Sieg zu kommen.

Von Anfang an, also seit 1968, haben sie die „Zwangsabgabe” bekämpft – als handele es sich bei den Groschen, welche pro Kinokarte in der BRD an die FFA abgeführt werden, ausschließlich um von ihnen erwirtschaftetes Geld & nicht de facto um einen Obolus der Kinobesucher; und als liege es nicht auch im (wirtschaftlichen) Interesse der Kinobranche, dass es – wie an anderen europäischen Ländern – eine einheimische Filmproduktion gibt, um nicht ganz & gar der Monopolisierung durch Hollywood ausgesetzt & unterworfen zu sein.

Und ich will gar nicht erst davon sprechen, dass es von allgemeinem Interesse sein könnte, als deutsche Kultur & Gesellschaft oder als Sprach- & Landschaftsraum auf einheimischen Kinoleinwänden neben anderen auch präsent zu sein.

Die jetzt beim deutschen Verfassungsgericht auf einen Erfolg hoffen & den Prozess angestrengt haben, sind Multiplexe wie „United Cinemas International Multiplex”. Diese Gesellschaft betreibt in 7 Länder 232 Kinos mit 2153 Leinwänden, allein in Deutschland ist dieser Multiplexbetreiber an 23 Standorten mit 203 Leinwänden vertreten. Es laufen dort fast ausschließlich ausländische Filme, was in der Regel Hollywood-Filme bedeutet.

Programmvielfalt in Gefahr

Obwohl diese Filmtheaterkomplexe für ein vielfältiges Programm ausgerüstet sind, findet aber eine Programmvielfalt außerhalb des jeweils aktuellen Mainstreams dort so gut wie gar nicht statt. Es sind de facto bloß Abspielstätten der usamerikanischen „Blockbuster” für das große, jugendliche Publikum. Eine über die Homogenität der saisonal bestimmten Angebote der Großverleiher hinausgehende diversifizierte Programmpolitik wird von solchen Multiplexen nicht betrieben. Das heißt: jene für den einheimischen, europäischen oder den internationalen „Arthouse„ Markt produzierten Filme laufen, wenn überhaupt, außerhalb der marktdominanten Multiplexe. Deshalb wird als ein Argument der jetzigen Kläger von diesen vorgebracht, die Filmabgabe sei eine sogenannte „Sonderabgabe”, die nur gesetzlich gestattet sei, wenn die „Abgeber” im Gegenzug auch etwas davon hätten. Das sei aber bei den meisten der damit produzierten deutschen Filmen nicht der Fall, will sagen: Weil diese „anspruchsvolleren„ Filme nicht auf das internationale Massenpublikum ausgerichtet werden, sind sie für die einzig auf solche Waren spezialisierten Multiplexe von geringem geschäftlichen Interesse.

Dass es zum einen an ihrer Geschäftspolitik liegen könnte, kommt den Klägern so wenig in den Sinn, wie das unverhohlen Dirigistische ihrer Forderung nach einer bestimmten Art von einzig für sie relevanten (massentauglichen) Filmen.

Diese werden jedoch immer noch nicht von Multiplexen sondern von Produzenten hergestellt, die deren wirtschaftliche Erfolgsaussichten in ihr Kalkül ziehen. Außerdem kommt der jährliche FFA-Etat von ca.76 Mio € nicht nur von den Kinogängern, sondern auch aus den erwähnten anderen Quellen. (Die Kinokarten würden wohl auch um keinen Cent billiger, wenn die Filmangabe wegfiele).

Es ist ein ganz & gar egoistisches Eigeninteresse – so kurzsichtig gedacht und langfristig verfolgt, wie es dieser Branche im Großen & Ganzen von jeher eigen ist. Man möchte hoffen, dass verständige, informierte & kompetente Richter des Verfassungsgerichts die von den Klägern völlig zu Unrecht behauptete „Sonderabgabe” nicht erkennen können & die ja doch läppische Filmabgabe, ohne die es u.v.a. die weitgespannten Oeuvres z.B. von Rainer Werner Fassbinder & Dominik Graf, von Herzog und Petzold nicht gäbe, weiterhin als „verfassungskonform” erklären werden. Denn das hat das Bundesverwaltungsgericht zuletzt erst in dem gleichen Fall im Februar 2011 getan.

Wolfram Schütte

Tags : , , ,