Geschrieben am 2. Mai 2012 von für Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Miodrag Pavlovic

Beginn des Gedichts

von Miodrag Pavlovic:

Eine Frau durchschritt mit mir den Fluß
bei Nebel und Mondschein,
durchschritt an meiner Seite den Fluß
und ich weiß nicht wer sie ist.

Wir wollten ins Gebirge.
Ihr Haar war lang und gelb,
ihre Hüften nah beim Gehen.

Verlassen haben wir Gesetze und Verwandte,
vergessen den Geruch der elterlichen Tafel,
unverhofft umarmten wir einander
und ich weiß nicht wer sie ist.

wir kehren nicht zurück zu den Dächern der Stadt,
hier in der Hochebene werden wir leben unter den Sternen.
Armeen werden uns nicht finden,
auch nicht die Adler
doch ein Riese wird herabsteigen
und sie lieben während ich den Eber jage.

Und unsere Kinder werden in langen Gedichten
erzählen vom Beginn dieses Geschlechts,
das Flüchtlinge ehrt und die Götter
die den Fluß durchschritten haben.

Miodrag Pavlovic

 

Miodrag Pavlovic wurde 1928 in Novi Sad geboren, wuchs in Belgrad auf und studierte dort Medizin. Er arbeitete eine Zeitlang als Arzt, dann als Dramaturg am Belgrader Nationaltheater und als Verlagslektor. Für sein in zahlreiche Sprachen übersetztes Werk wurde er mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Pavlovic lebt in Belgrad und im deutschen Tuttlingen. Ein Teil seiner Gedichte sind in Deutschland im Suhrkamp-Verlag erschienen. Dass dieser große Schriftsteller und Lyriker bei uns immer noch relativ unbekannt ist, kann man nur bedauern. Vielleicht ändert sich das erst, wenn ihm der Nobelpreis zuerkannt wird. Verdient hätte er ihn… Mehr hier.
Gedicht übersetzt aus dem Serbischen von Peter Urban.  Aus: Einzüge nach Cremona. Suhrkamp Verlag 2002. 184 Seiten. 22,99 Euro.

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