Geschrieben am 4. Februar 2015 von für Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Josefina García-Marruz Badía

Pres_El_instante_raro,_Centro_Dulce_María_Loynaz,jul_2010Wenn meine Gedichte

Wenn meine Gedichte alle verloren gingen würde die kleine Wahrheit die in ihnen leuchtet gleichwohl in irgendeinem grauen Stein am Wasser überdauern oder in einem grünen Strauch.

Wenn alle Gedichte verlorengingen
würde das Feuer sie endlos nennen
rein von aller Schlacke, und die ewige Dichtung würde wiederum mit den Morgenröten erklingen.

Übersetzung von Curt Meyer-Clason

 

Josefina García-Marruz Badía, wurde 1923 in Havanna geboren. Ihr Studium an der dortigen Universität schloss sie 1963 mit einer Promotion in Sozialwissenschaften ab. Schon früh begann sie mit dem Schreiben von Gedichten. Für viele Jahre wurden die Gedichte der Fina Marruz staatsöffentlich nicht wahrgenommen, weil ihre oft religiös eingefärbten Gedichte nicht so recht in das offizielle atheistische Selbstbild kubanischer Kulturpolitik passten. Mit der Verleihung einer ganzen Reihe an Literaturpreisen wurde ihr aber im hohen Alter endlich auch die öffentliche Anerkennung zuteil, die sie bei ihren kubanischen Leserinnen und Lesern längst besaß.

Übersetzungen in deutscher Sprache liegen nur sehr spärlich vor. Curt Meyer-Cason hat drei ihrer Gedichte in seine heute längst vergriffene Anthologie „Lyrik aus Lateinamerika“ aufgenommen. So sind nicht alle ihre Gedichte für die deutschsprachigen Leser „verloren gegangen“. Und nach der von Fina Marruz formulierten Bestimmung können Gedichte ja ohnehin niemals verschwinden und verstummen. Ihre „kleinen Wahrheiten leuchten weiter in irgendeinem grauen Stein am Wasser oder überdauern in einem grünen Strauch“. Noch viele poetische Schätze aus Kuba harren auch bei uns einer Entdeckung.

Carl Wilhelm Macke

Das Gedicht ist erschienen in: Josefina García-Marruz Badía: Lyrik aus Lateinamerika. Übersetzt von Curt Meyer-Clason. München 1988. Foto: Wikimedia Commons, Autor: Manolovar.

Nachsatz zur Reihe “Weltlyrik”: Die fast tägliche Konfrontation mit Nachrichten von verfolgten, inhaftierten oder hingerichteten Journalisten lässt gleichzeitig auch den Wunsch nach anderen Bildern und einer anderen Sprache wachsen. Immer wieder erfährt man auch von Journalisten, die nicht nur über das Dunkle und Böse in der Welt recherchieren, sondern auch Gedichte schreiben. Wie heißt es in einem Gedicht von Georgos Seferis „Nur ein Weniges noch/ und wir werden die Mandeln blühen sehen…“ (www.journalistenhelfen.org).

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