Am 2.2.12 findet in Hamburg das Literaturfestival „Ham.Lit“ statt , die dritte „Lange Nacht junger deutschsprachiger Literatur und Musik“– präsentiert u. a. von CULTurMAG. 15 Autorinnen und Autoren lesen parallel auf drei Bühnen, dazu gibt es zwei Konzerte. Wir stellen Ihnen in den kommenden Wochen einige der Mitwirkenden vor. Heute: Felicia Zeller (Das gesamte Lineup finden Sie hier).
Komik durch Umzeichnung
Felicia Zeller schreibt Prosa und Theaterstücke; besonders mit letzteren hat sie sich mittlerweile eine treue Gefolgschaft erobert, ihre Werke werden an verschiedensten Bühnen Deutschlands gespielt. Die gebürtige Stuttgarterin diplomierte an der Filmakademie Baden-Württemberg zusammen mit Marion Pfaus (aka Rigoletti) mit der CD-Rom „Mut der Ahnungslosen“, einer Arbeit über nonlineare Dramaturgie. Was ihre Arbeiten besonders macht, ist der ihnen inhärente Humor: kein Schenkelklopferhumor, sondern die feine ironische Note, die sich aus nur leichten Verschiebungen der Wahrnehmung ergibt. Genaues Beobachten ist hier gepaart mit vehementer Fantasie und Sprachwitz.
Zellers Stücke enthalten wenig bis gar keine Handlung, sondern sind Zustandsbeschreibungen unserer Gesellschaft. Die Autorin wirft ihre Protagonisten in Situationen, in denen sie nichts ausrichten können, und lässt sie buchstäblich um ihr Leben reden. Die Autorin selbst wird oft mit der Aussage zitiert, ihre Stücke seien „an der fiesen Kante zum Realismus, aber nicht realistisch“. Das trifft es sehr gut, denn es ist ihr nicht um Authentizität zu tun. Felicia Zeller beobachtet zwar scharf, ihre Stücke und ihre Sprache allerdings sind hochartifiziell. Und das soll nun komisch sein? Ja, ist es, und es bezieht seine Komik nicht aus einer Über-, sondern aus einer Umzeichnung.
Auch in ihren Prosastücken wie der Erzählsammlung „Lehnen am Bekannten“ verfolgt Zeller dieses Prinzip. So lernt man dort in 23 kurzen Erzählungen etwas über die Neudefinition des Kampftrinkens, über das Leben nach dem Lösen von Amerikanischen Kreuzworträtseln, aber auch über das seltsame Betragen von Eltern, die nicht still sitzen können: „Zwar bemühen sie sich … entspannt und irgendwie interessiert neben dir auf dem Sofa zu sitzen, aber egal in welcher Unterhaltung man sich befindet, stets denkt man, in jedem Moment kann es passieren, in jedem Moment passiert es, gleich springen sie auf, um eine mögliche Katastrophe zu verhindern oder irgendwas warm zu machen.“ Man könnte behaupten alles beim Alten – Prenzlberg lässt mal wieder grüßen.
Das Schöne an Zellers Prosa ist jedoch, dass sie nicht auf dieser doch recht konkreten Ebene verharrt, sondern sich ins Abstruse und Surreale bewegt, wie zum Beispiel in der Geschichte mit der Hausspinne Gabi. „Am Boden kniet eine Spinne mit leuchtenden Augen. Ihre Beine sind kräftig, weil gut durchtrainiert. Es ist Gabi. Ich werfe den Sauger an. Gabi schlägt einen Haken, dann geht sie die Wand hoch. Ich mit dem Sauger hinterher. Eine Weile hängen wir bewegungslos an der Decke. Die Haare auf dem Bein der Spinne sind lang und hängen hippiemäßig nach unten.“ Keine Frage, dass diese Konstellation auch auf der Bühne einen starken Eindruck machen würde.
Zusammen mit Miriam Pfaus macht Zeller darüber hinaus No-Budget-Filme, die es wert sind, gesehen zu werden. Einfach mal „Felicia Zeller“ oder „Rigoletti“ bei YouTube eingeben und sich verwundert die Augen reiben, was mit einer popeligen Super8-Kamera möglich ist, wenn man Ideen hat. Und dann weiterlesen – oder mal wieder ins Theater gehen.
Und natürlich am 2.2.12 ins Uebel & Gefährlich, zur dritten „Ham.Lit“!
Tina Manske
Zu Ham.Lit, zur Homepage der Autorin, zur Seite von Rigoletti.
Felicia Zeller: Bier für Frauen / Kaspar Häuser Meer / Gespräche mit Astronauten: Drei Stücke. Berlin: Lilienfeld Verlag 2009. 250 Seiten. 19,90 Euro. Mehr hier.
Felicia Zeller: Einsam lehnen am Bekannten. Kurze Prosa. Düsseldorf: Lilienfeld Verlag 2008. Ca. 150 Seiten. Halbleinen. Fadenheftung: Leseband. 18,90 Euro. Mehr hier.