Geschrieben am 27. November 2013 von für Kolumnen und Themen, Litmag

Bericht von der sechsten BUCH WIEN

Buch Wien_LageplanEin Fußballfeld voller Schatullen

– Rechtzeitig zur Vorweihnachtszeit – die BUCH WIEN 13: Internationale Buchmesse (21.–24.11.2013) und Lesefestwoche (18.–24.11.2013). Ein Messebericht von Senta Wagner.

Ein Fußballfeld voller Bücher und anderem Tand: So ungefähr darf man sich die Größenordnung der BUCH WIEN vorstellen. Mit 8.800 Quadratmetern ist sie sogar noch um einen Tick größer. Klein ist sie trotzdem, flächenmäßig passt sie nämlich knapp zwanzigmal in die weltgrößte Frankfurter Buchmesse. Und dennoch ist sie gewachsen. Um Zahlen und deren Überschreitung geht es stets auf Märkten. Dabei geht es um das liebe Buch, nicht ums Kräftemessen.

Die internationale Buchmesse BUCH WIEN fand in diesem Jahr zum sechsten Mal statt. Minimale Verschiebungen der Fakten nach oben im Vergleich zum Vorjahr: 330 Aussteller aus zehn Nationen, über 400 Veranstaltungen, 34.000 Besucher, 43 Veranstaltungsorte. Grund genug für die Veranstalter zu frohlocken: Das Konzept ging erneut auf. Österreichs größtes Buchspektakel beruht auf der Verschwisterung einer reinen Publikumsmesse mit einer Lesefestwoche, die die ganze Stadt literarisch bespielt. Man glaube fest an das Buch, lautete das Credo der Messemacher. So wurde ein überaus breites Programm und vielfältige Inhalte rund um das Medium geboten – natürlich in seiner Form zwischen zwei Buchdeckeln. Erfreulich sei darüber hinaus die wachsende Akzeptanz des Events bei den BesucherInnen und den AutorInnen.

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Buch Wien (HVB Richard Schuster)

Bei manchen Ausstellern klang weniger Glück aus den Statements. Trotzdem, die Luft hier sei gut, kein Gedränge, weniger Staub ohne ausgelegten Teppich. Zwei Messetage gehörten auch den ausschwärmenden Schulklassen. Im Kinderbuchbereich ging es stets ausgelassen zu. Für den Lesenachwuchs und gegen Leseunlust wurde schließlich wieder einiges getan. Die aktuellen Schlagwörter heißen Lesekompetenz und -förderung. Die Begeisterung am Lesen weckt man am besten mit guten Geschichten für Groß und Klein. Das Produktangebot ist entsprechend: allen voran Literatur und Sachbuch, gefolgt von Kinder- und Jugendbüchern, Comics, Krimis, Biografien, Zeitschriften und Presse, fremdsprachige Literatur u.v.m. Grundsätzlich bekam man einen dosierten und geordneten Eindruck von den schönen und spannenden Neuerscheinungen der Verlage.

messe4 Naheverhältnisse

Auf den sieben kreuz und quer auf der Messe verteilten Bühnen passierte alles zeitgleich: Lesungen, Diskussionen, Gespräche, Backen, Kochen, Musik machen, Performances. Das Überangebot machte aber auch gerade den Reiz der gezielten Auswahl aus. Diese konnten dann ein Volltreffer sein. Die kurzweiligen Veranstaltungen brachten Stille in den Messetrubel.

Ohne internationale Literaturstars geht freilich nichts. „Naheverhältnis“ zwischen AutorInnen und dem Publikum heißt das hier. Zu erleben gab es unter anderem die wunderbare Brigitte Kronauer, Ferdinand von Schirach, Leon de Winter, Per Olov Enquist, Ilija Trojanow, István Kemény, Clemens Meyer und Peter Stamm. Erwähnenswert ist auch die diesjährige Preisträgerin des Ehrenpreises des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln: Barbara Coudenhove-Kalergi. Der Schwerpunkt im Sachbuchbereich galt Publikationen zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg. Der Stand der Donau Lounge widmete sich zum zweiten Mal „Literatur und Kultur aus den Donauländern“.

Wie auch in den letzten fünf Jahren kamen die meisten Buchaussteller aus Österreich, darunter erfreulich viele aus Wien, mit Buchpräsentationen heimischer Schreibender, wie David Schalko, Peter Henisch, Nadja Bucher, Austrofred, Nadine Kegele, Michael Stavarić oder Isabella Feimer. Mit anderen Worten, während der gesamten Messe ging es egalitär zu. Die bewundernswerten Werke von Debütanten und Aufstrebenden standen gleichwertig neben jenen prominenter und erfolgreicher Literaturschaffender.

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Es weihnachtet sehr

Als Eröffnungsrednerin der BUCH WIEN konnte die Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff gewonnen werden. Betitelt mit „Zukunft des Lesens“, artete ihre Ansprache aus in ein charmant schwäbelndes Plädoyer einmal mehr für das gedruckte Buch und ihre Bücherlieblinge. Wer weiß schon, was in der Zukunft sein wird? Die Dichterin jedenfalls nicht. Für sie seien Bücher wie Schatullen, die man aufklappen und zuklappen könne. Die Art des Lesens von E-Books sei ihr dagegen zu „verschwindibushaft“. Wahrscheinlich könnte es nach ihr ewig so weitergehen mit den Büchern. Aber am besten ohne Amazon: Energisch wandte sie sich gegen das Gebaren des Onlinemonopolisten, der „die Buchhändler und zunehmend auch die Verlage ruiniert“, und gegen das „Schleifen von Urheberrechten“. Die Konsequenz, ihre eigenen Werke, als Print und E-Book, von den Seiten des Onlinehändlers entfernen zu lassen, zieht Frau Lewitscharoff dann allerdings nicht.

In diesem Sinne seien die Lesenden zu ihrem Buchhändler um die Ecke geschickt mit folgenden Empfehlungen von der BUCH WIEN: Es weihnachtet sehr.

Literatur rund um Vermischtes und die Liebe

Brigitte Kronauer: Gewäsch und Gewimmel. Roman. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag 2013. 611 Seiten. 26,95 Euro, eBook 21,99 Euro.
Brigitte Schwens-Harrant/Jörg Seip: Schrift ahoi! Literatur als Seefahrt (Ein Lexikon). Wien: Klever Verlag 2013. 197 Seiten. 19,90 Euro.
David Schalko: Knoi. Roman. Salzburg: Jung und Jung Verlag 2013. 270 Seiten. 22,00 Euro, eBook 14,99 Euro.

Der Wolpertinger lebt! Lese- und Schauvergnügen für Klein und Groß

Jakob Pretterhofer/Eva Hebenstreit: Hirschhuhnhase und Badewannenpirat. Wien: Luftschacht Verlag 2013. 68 Seiten. Alter: 6–8

Senta Wagner

Fotos (außer Foto 2 von Richard Schuster): Senta Wagner.

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