Geschrieben am 1. November 2021 von für Crimemag, CrimeMag November 2021

Über Marlene Dietrich

Zwei neue Bücher nähern sich der Schauspielerin an – rezensiert von Sonja Hartl

Copyright: Julian Voloj, Claudia Ahlering/Knesebeck Verlag

„Diva, Hollywoodstar, Stilikone“ titelt die eine Pressemitteilung zu einem neuen Buch über sie. „Die Stilikone und „Influencerin“ par excellence“ die andere. Stil ist wichtig, wenn über Marlene Dietrich gesprochen wird, es gibt viele legendäre Bilder von ihr – aus Filmen und von Auftritten. Längst ist bekannt, dass sie zeitlebens an ihrem eigenen Mythos gestrickt hat und dieses selbst entworfene Bild über ihren Tod hinaus Bestand hat. Biographien gibt es mittlerweile so einige. Nun aber nähern sich zwei Bücher der Schauspielerin nochmals an.

Marlene Dietrich im Comic

Auf nur 140 Seiten versammelt die Comic-Biographie von Julian Voloj (Autor) und Claudia Ahlering (Illustratorin) „Augenblicke des Lebens“ von Marlene Dietrich. Den Rahmen gibt ein Interview, das ein Journalist mit Marlene Dietrich führt. Durch seinen Besuch in ihrer Pariser Wohnung erinnert sie sich an ihre Anfänge in Berlin, die Ehe mit Rudolf Sieber, der erste große Durchbruch mit Der Blaue Engel, die ersten Jahre in Hollywood und die Entwicklung dieser übergroßen Persona, an der Josef von Sternberg beteiligt war: in seinen Filmen nahm das öffentliche Bild von Marlene Dietrich seinen Anfang, auf das der Comic gleich zu Beginn verweist: Auf der ersten Seite ist ein einziges Bild, Marlene Dietrich im weißen Mantel, darunter ein paillettenbesetztes weißes Kleid, dazu in geschwungener Schrift der Anfang eines ihrer bekanntesten Lieder. In den folgenden Bildern wird mehr von diesem Auftritt gezeigt, hier ist der ganze Mythos zu erkennen: Diese schöne, kühle Frau auf der Bühne, das nahezu gesichtslose Publikum hört ihr zu – und zugleich ist da diese Aura der Unnahbarkeit. 

Copyright: Julian Voloj, Claudia Ahlering/Knesebeck Verlag

Schon hier zeigt sich, was diesem Band in der Folge immer wieder gelingen wird: Er versammelt die wichtigen Eckpunkte von Marlene Dietrichs Leben. Wer kaum etwas von ihr weiß, erfährt das Wesentliche, ohne dass es jemals erratisch oder aufgezählt wirkt. Dazu aber gelingt es Voloj und Ahlering immer wieder, besondere Atmosphären zu erzeugen: die große, lebenslange Zuneigung zwischen den Eheleuten, die sehnsüchtige Liebe mit Jean Gabin, das leidenschaftliche Engagement gegen den Nationalsozialismus, die Entrüstung als Marlene Dietrich die fortan verleugnete Schwester wiederfand, der letzte Karriereschritt als Sängerin und das Ende in Paris. Man taucht tief ein in dieses Lebens, ohne dass dieser gut recherchierte Band jemals behauptet, nur so kann es gewesen sein. Vielmehr entsteht insbesondere aufgrund der oftmals zarten Bilder schon früh der Eindruck, hier erinnere sich oder träume jemand – und beim Lesen ist man nur allzu bereit, in diese Träumereien einzusteigen. Bisweilen haben diese Erinnerungen eine subjektive Perspektive, die abermals den Moment vor Augen führen. Dazu trägt auch bei, dass die zu sehenden historischen Personen nicht exakt nachgebildet sind. Sie sind zu erkennen, keine Frage. Aber hier steht die Wahrnehmung über der exakten Abbildung. Dadurch ist im Zusammenspiel von Text und Bild in diesem Band sehr viel über das Leben von Marlene Dietrich zu erfahren – sowohl über das Märchenhafte als auch Harte, über die Arbeit und den Zauber, der damit verbunden ist. 

Die Kleider der Marlene Dietrich

Einen anderen Ansatz wählt Gabriele Katz in ihrer Biographie über Marlene Dietrich: Sie versucht, die Lebensgeschichte von ihr anhand ausgewählter Kleider ihres Lebens zu erzählen – und sich damit auch eingehend mit dem Aufbau ihres Images zu beschäftigten. Tatsächlich stehen die Kleider von Marlene Dietrich im Mittelpunkt: Immer wieder ist zu lesen, was sie getragen hat, wie sie für ihre Filmrollen die Kostüme oftmals in Zusammenarbeit mit den Kostümbildnern oder auch Modedesignern entwickelt hat. Diese minutiöse Vorbereitung ist interessant zu lesen – zumal Kostüme auch ein Aspekt der Filmarbeit bzw. der Auseinandersetzung mit Filmen ist, der oftmals kaum beachtet wird. Auch wird dadurch deutlich, welchen Einfluss Marlene Dietrich auf die Mode und den Stil ihrer Lebensjahre hatte. 

Allerdings schweift die Autorin immer wieder in kurze Exkurse zu der Kleidung anderer Schauspielerinnen ab. Vor allem aber fehlt eines in einem Buch über die „Kleider ihres Lebens“: Bilder dieser Kleider. Wie im Nachwort zu lesen ist, gibt es eine digitale Aufarbeitung der textilen Bestände aus dem Nachlass, dazu kommen natürlich Film- und Publicity-Stills. In das Buch jedoch haben zu wenige Bilder Eingang gefunden. Denn dieses Buch ist immer dann überzeugend, wenn erzählt wird – auch mithilfe von Zeichnungen – was hinter bestimmten Kleidungsstilen steckt. Und gerade weil es über Marlene Dietrich schon so viele Bücher gibt, wäre hier eine stärkere Konzentration auf diesen Aspekt wünschenswert gewesen. 

Sonja Hartl

Julian Voloj, Claudia Ahlering: Marlene Dietrich. Augenblicke eines Lebens. Knesebeck Verlag 2021. 128 Seiten. 24 Euro. 
Gabriele Katz: Marlene Dietrich. Die Kleider ihres Lebens. Langenmüller 2021. 320 Seiten. 24 Euro. 

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