Geschrieben am 1. Dezember 2021 von für Crimemag, CrimeMag Dezember 2021

Schatzsuche Dezember ’21 – Crime Neuerscheinungen

Vielzahl Krimi-Neuheiten …

… erscheinen jeden Monat, dazu Graphic Novels (vulgo: Comics) und DVDs und BluRays. Unmöglich, das alles zu überblicken und zu rezensieren. CrimeMag siebt und schürft deshalb für Sie und weist hier regelmäßig mit Hilfe von: Kaliber.38 und der befreundeten Buchhandlungen Chatwins (Berlin), Wendeltreppe (Frankfurt) und Buchladen in der Osterstraße (Hamburg) auf interessante Neuerscheinungen hin. Empfehlungen für DVDs, BluRays und Comics geben Katrin Doerksen und Thomas Groh

Bitte denken Sie daran, dass gerade in diesen Zeiten Ihre lokale Buchhandlung(en) besonderer Unterstützung und Solidarität bedürfen. Lieber dort bestellen als bei amazon. –

Claudia Denker von der Krimiabteilung im Chatwins in Berlin-Schöneberg:

Na, dann mal fröhliche Weihnachten! Letztes Jahr hätte wohl keiner gedacht, dass uns noch so ein komisches Weihnachtsgeschäft beschert wird. Und dann fehlt auch noch das Papier. Gestern suchte ich einen Titel, der am 19.11.2021 erschienen ist: »Vergriffen. Nachdruck unbestimmt.«

Die gute Nachricht: Ein neues Buch von Gary Victor aus Haiti erscheint bei litradukt»Die Zauberflöte« (Ü: Peter Trier), dieses Mal ohne den bekannten Inspektor mit dem schwierigen Namen. Dafür heißt unser neuer Held nun Dieuseul Lapénuri.

Aber Fish Pescado aus Südafrika (hach!) kommt wieder – der vierte Band mit ihm erscheint zum Nikolaustag. Mike Nicols Buch heißt »Das Schlupfloch« (btb.Ü: Mechthild Barth).

Zwei Tage später steht ein LGBTQ-Kriminalroman im Kalender. Klingt interessant und witzig: »Drag Cop« von Candas Jane Dorsey (Suhrkamp, Ü: Conny Lösch).

Zum näheren Ansehen habe ich mir hingelegt:

Aimee Molloy: »Das Therapiezimmer« (Rowohlt Polaris, Ü: Katharina Naumann)

Catherine Quinn: »Drei Witwen« (Ullstein, Ü: Marie Rahn)

Jackie Kabler: »Ein perfektes Paar« (Insel, Ü: Werner Löcher-Lawrence)

Liz Nugent: »Kleine Grausamkeiten« (Steidl, Ü: Kathrin Razum)

Ganz bestimmt werde ich aber den neuen »Martin Schlosser« lesen! Gerd Henschels neunter Band seiner Chronik (spielt jetzt 1992/1993) heißt »Schauerroman« (Hoffmann und Campe). Klingt ja auch fast wie ein Krimi … (Siehe unsere „Bloody Chops“, dort schon von Joachim Feldmann besprochen – d. Red.)

Kleiner Nachtrag zur letzten Schatzsuche: »606« von Candice Fox (Ü: Andrea O’Brien) ist sauspannend!

Jutta Wilkesmann, Wendeltreppe, Frankfurt:

Hier sind die Tipps aus der Wendeltreppe:

Garry Disher: Barrier Highway (Unionsverlag, Ü: Peter Torberg)

James Sallis: Sarah Jane (Liebeskind. Ü: Kathrin Bielfeldt und Jürgen Bürger)

Frank Dommel: Gott aus Stroh (Grafit)

Anne Goldmann: Alle kleinen Tiere (Ariadne)

Alexander Oetker: Rue de Paradis (Hoffmann & Campe)

Arttu Tuominen: Was wir verschweigen (Lübbe, Ü: Anke Michler-Janhunen 

Wir wünschen eine schöne, unterhaltame, coronafreie Adventszeit!

Torsten Meinicke, Buchladen in der Osterstraße, Hamburg

Hier meine Tipps für die Dezemberausgabe des CrimeMag:
– Attica Locke, Black Water Rising (Ü: Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck), Polar 2021, 456 S., 24 Euro: Nach „Bluebird, Bluebird“ und „Heaven, My Home“ hier nun das Debüt dieser starken texanischen Autorin. 

– Armin Kratzert, Die Zukunft des Tötens, Secession 2021, 139 S., 20 Euro: Vier Freunde auf dem Bodensee. Jeremia schießt auf Vincent, Maria und Susie schauen zu. Cool, verwirrend, besonders.

–  Stuart Cosgrove, Cassius X. Die Entstehung einer Legende (Ü: Kristof Hahn), Heyne 2021, 400 S., 24 Euro: 1963: Der Mob regiert Miami, Malcolm X wird ermordet, aus Cassius Clay wird Muhammad Ali. Die höchst spannende Sozialgeschichte einer aufgeladenen Zeit. 

– Liz Nugent, Kleine Grausamkeiten (Ü: Kathrin Razum), Steidl 2021, 400 S., 24 Euro: Neuer Stoff aus Irland. Drei Brüder treffen sich auf einer Beerdigung, einer von ihnen liegt im Sarg. Soeben im Buchladen eingetroffen, macht neugierig und ist wunderschön gestaltet (Steidl halt). 

– Willy Vlautin, Nacht wird es immer (Ü: Nikolaus Hansen), Berlin Verlag 2021, 283 S., 25 Euro: Um ihr Zuhause zu retten, wird Lynette für eine Nacht zur Kämpferin, um sich zu holen, was ihr zusteht. Mal wieder erhebt Willy Vlautin seine Stimme für die Abgehängten der Gesellschaft. 

Bleibt gesund und solidarisch und achtet auf eure Liebsten, damit Omi dem ganzen Mist nicht noch die Kron aufsetzt!

Comic/Heimkino – von Katrin Doerksen und Thomas Groh

Lagos – Leben in Suburbia von Elnathan John und Àlàbá Ònájin
Avant-Verlag, Softcover, vierfarbig, 224 Seiten, vorbestellbar

Auf einer dicht besiedelten Straße in Lagos spielen sich Dramen ab: Verheimlichte Homosexualität, uneheliche Schwangerschaften, religiöse Heuchelei. Lagos – Leben in Suburbia ist wie eine nigerianische Seifenopfer, ein unterhaltsamer Blick über den Tellerrand.

Roter Schnee von Susumu Katsumata
Reprodukt Verlag, Klappenbroschur, schwarzweiß, 232 Seiten, bestellbar

Episodische Geschichten aus dem ländlich-bäuerlichen Japan an der Schwelle zur Moderne – geprägt von der ökonomischen Schieflage der Nachkriegszeit und dem repressiven Benehmen der Männer in einer streng patriarchalen Gesellschaftsordnung.

Schattenmutter von Stefan Haller
Edition Moderne, Hardcover, zweifarbig, 180 Seiten, bestellbar

Seine Mutter leidet unter Depressionen und die ganze Familie schweigt. In Schattenmutter bricht Stefan Haller dieses Schweigen. Sein Comic basiert auf Tagebucheinträgen und Interviews und zeigt sehr ungeschönt das alltägliche Leben mit der Krankheit.

Starman – David Bowie’s Ziggy Stardust Years! von Reinhard Kleist
Carlsen Verlag, Hardcover, farbig, 176 Seiten, bestellbar

Nach Nick Cave widmet Reinhard Kleist seine nächste Comic-Biografie David Bowie – beziehungsweise dessen Kunstfigur Ziggy Stardust, die ihm in den 1970er Jahre den großen Durchbruch bescherte. Im kommenden Sommer folgt dann der zweite Teil: Low – David Bowie’s Berlin Years.

Midnight Mass von Mike Flanagan
sieben Episoden, auf Netflix

Ein Inselstädtchen, das auch schon mal bessere Zeiten erlebt hat. Ein Priester, der neu auf die Insel kommt und die Gemeinde kommt. Bald zeigt sich: Wunder geschehen. Die Kirche füllt sich. Die Gemeinde radikalisiert sich. Und von der benachbarten Insel schwemmt ein Sturm massenhaft Katzenleichen an den Strand… Zehn Jahre hat Mike Flanagan an diesem Stoff gearbeitet und die Liebe zum Detail und zum durchdachten Geschichtenerzählen zeigt sich in jeder Einstellung. „Midnight Mass“ ist vielleicht die beste Stephen-King-Verfilmung, die nicht auf einem Stoff von Stephen King basiert. Das Grauen nähert sich langsam, zeichnet sich lange erst ab, Flanagan spielt mit den Genre-Kenntnissen seines Publikums. Nur so viel sei verraten: Flanagan nimmt zentrale Narrative des Christentums beim blutigen Wort. Erwachsener Horror, große Erzählkunst – nicht zuletzt, wie jeder gute Horrorfilm, ein tieftrauriges Melodram. Großer Wurf!

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