Geschrieben am 1. Dezember 2019 von für Crimemag, CrimeMag Dezember 2019

Schatzsuche: Crime-Neuerscheinungen 12/2019

Eine Vielzahl Krimi-Neuheiten

 … erscheinen jeden Monat, dazu Graphic Novels (vulgo: Comics) und DVDs und BluRays. Unmöglich, das alles zu überblicken und zu rezensieren. CrimeMag siebt und schürft deshalb für Sie und weist hier regelmäßig mit Hilfe von: Kaliber.38 und der befreundeten Buchhandlungen Chatwins (Berlin), Hammett (Berlin), Glatteis (München), Wendeltreppe (Frankfurt) und Buchladen in der Osterstraße (Hamburg) auf interessante Neuerscheinungen hin. Empfehlungen für DVDs, BluRays und Comics geben Katrin Doerksen und Thomas Groh.

Jan Christian Schmidt von Kaliber.38:

Neues von Lee Child zu vermelden ist nach knapp zwei Dutzend Romanen um den ehemaligen Militärpolizisten Jack Reacher, die seit 1997 im regelmäßigen Jahres-Rhythmus erscheinen, nicht wirklich sensationell. Childs enigmatischer Held, mehr „Problemlöser“ als klassischer Ermittler, agiert meist in den dünn besiedelten Gebieten der USA, in den ländlichen Käffern, in denen die Army ihre weitläufigen Stützpunkte unterhält. Bemerkenswert am neuen Roman „Der Ermittler“ (Blanvalet, aus dem Englischen von Wulf Bergner) sind der Schauplatz und die Zeit der Handlung – der Roman spielt weitenteils in der deutschen Stadt Hamburg im Jahre 1996, also zu der Zeit, als Reacher noch aktiv im Militärdienst war. „Der Ermittler“ erzählt von islamistischen Terroristen (wir sind noch weit vor Nine-Eleven, aber in Hamburg!), amerikanischen Verrätern und Deutschen Alt- und Neu-Nazis – eine Melange, auf der man schnell ins Rutschen geraten kann. So hat das Buch auch überall da, wo Leser ihre Kommentare hinterlassen, soviel Prügel einstecken müssen, dass es schon wieder zur Lektüre reizt. 

Vielversprechender als „Der Ermittler“ ist ein etwa hundertseitiger Essay von Lee Child, der fast zeitgleich erschienen ist: „Der Held“ (auch Blanvalet, ebenfalls übersetzt von Wulf Bergner). Dass der Band kein Kompendium für Jack-Reacher-Fans ist, verdeutlicht der Untertitel: „Wie Helden die Welt verändern, und warum wir sie heute mehr als je zuvor brauchen“. Von Achilles bis James Bond, von der Griechischen Tragödie über Shakespeare bis zur Gegenwart analysiert Lee Child literarische Helden und zeigt, wie Helden-Epen und -Geschichten unsere Welt geprägt haben. Das verspricht spannende Lektüre für alle, die sich für (Kriminal-) Literatur interessieren. 

Was gibt’s noch? Einen Debüt-Thriller aus Italien von Ilaria Turi, der in einem entlegenen Bergdorf hoch im Norden spielt. Das Buch heisst im Original „Fiori sopra l’inferno“ (etwa: Blumen über der Hölle) und hat vom Penguin-Verlag den, naja, nicht so gelungenen Titel „Eiskalte Hölle“ verpasst bekommen, der arg nach Island- oder Skandinavien-Thriller klingt. Tuti erzählt von einem Mordopfer, das mit bloßen Händen ums Leben gebracht und verunstaltet wurde, von einem Ort voller Geheimnisse, die um keinen Preis nach außen dringen dürfen – und von einer Hauptfigur, die nicht nur mit einem unheimlichen Gegner mit scheinbar mythischen Fähigkeiten kämpft, sondern auch mit den eigenen Dämonen. In Rückblenden führt das Buch zurück in die späten Siebziger Jahre, zu einem Waisenhaus, in dem die Kinder unter grausamen Bedingungen verwahrt wurden. So erschliesst sich dem Leser schnell, aus welchen Teilen die Story ihre Energie bezieht, aber nicht, wie diese miteinander verbunden sind.

Ebenfalls auf unterschiedlichen Zeitebenen (und an unterschiedlichen Orten) spielt „Zeit der Mörder“, ein Historischer Krimi von Ulf Torreck (Heyne-TB). Los geht’s mit einem Mordfall in einem kleinen irischen Dorf im Oktober 1947, wo der Maler Claas Straatmann einen Fremden erschießt, der in sein Atelier eingebrochen ist. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass der Maler Straatmann eigentlich eine andere Identität besitzt, unter der er in Paris zur Zeit der Deutschen Besatzung beauftragt war, einen berüchtigen Serienkiller zu jagen. „Die Toten waren tot. Das war sicher. Aber manche Toten hatten die Eigenheit, als Gespenster wiederzukehren.“, heissen die ersten Sätze unter der Kapitelüberschrift „Die guten Mörder“. Vorangestellt sind gleich vier Zitate von Bertolt Brecht (1938), Ernst Jünger (1943), Paul Celan (1944/45) und Ingeborg Bachmann (1953) und eine elegenat formulierte Warnung des Verfassers, dass nichts wahr sei in dem Buche, außer eben der Dinge, die er erfunden habe. Das macht doch wirklich Lust, weiterzulesen!

Dann noch Max Mannings Thriller „Böse Opfer“ (HarperCollins, Deutsch von Joannis Stefanidis), der mit einer schönen Konstellation aufwartet: Eine Frau wird spätnachts auf einem Parkplatz angegriffen und überwältigt. Sollte sie sich fügen, verspricht ihr Angreifer, sie zu verschonen. Plötzlich bietet sich eine unerwartete Gelegenheit zum Gegenangriff, und sie muss sich entscheiden: will sie Kämpferin oder Opfer sein? Nun entscheidet sich Manning nicht für einen Weg, sondern er entwickelt beide möglichen Handlungsstränge in seinem Thriller – in einem Strang fügt sich das Opfer, in dem anderen begehrt es gegen den Aggressor auf. Interessante Strategie – ob die wohl aufgeht?

Und schließlich Neues von der Australierin Candice Fox: „Gone by Midnight“ heisst ihr Thriller im Original, den der Suhrkamp Verlag unter dem schönen deutschen Titel „Missing Boy“ vertreibt (übersetzt von Andrea O’Brien). „Missing Boy“ ist der dritte Band um den ehemaligen Polizisten Ted Conkaffey, der vor zwei Jahren fälschlicherweise einer Entführung beschuldigt wurde, Karriere und Familie verlor und sich ins nordaustralische Crimson Lake zurückzog, wo er mit seiner Partnerin Amanda Pharrell als Privatdetektiv arbeitet. Im neuen (und letzten?) Fall beschäftigen sich die beiden mit einem achtjährigen Jungen, der aus einem Zimmer im fünften Stock eines Hotels spurlos verschwunden ist, das er – so belegen es die Überwachungskameras – aber nie verlassen hat. Klingt nach klassischer Locked-Room-Konstellation mit lädiertem, lebensechtem Personal – das nehmen wir gerne mit!

Claudia Denker von der Krimiabteilung im Chatwins in Berlin-Schöneberg:

Es weihnachtet sehr, deshalb hätte ich mir für den Dezember eigentlich ein paar mehr vielversprechende Krimi-Neuerscheinungen gewünscht. 

Fans von Max Heller, Frank Goldammers Kommissar müssen sich gedulden, wenn sie seinen 5. Fall verschenken wollen. »Juni ’53« (dtv) erscheint laut Verlag genau einen Tag vor Heiligabend.

Dann wird allerdings bereits erschienen sein: Olga Tokarczuk: »Der Gesang der Fledermäuse« (Kampa). Eine Nobelpreisträgerin unter dem Weihnachtsbaum kommt doch gut. Mit Freude habe ich gesehen, dass es sich bei dem Titel um eine Kriminalgeschichte handelt. 

Und da die Dezember-Krimi-Ausbeute nicht so richtig interessant ist, möchte ich hier gerne ein Buch von Andrea Noack empfehlen, das vom Titel her ein Krimi sein könnte, allerdings auch nicht weniger spannend ist. »Die Bestie schläft« (Blessing) kann man als Roman lesen, es ist aber die Bestie Alkohol, die Andrea Noack in ihrem Buch besiegt. Offen und mit viel Humor beschreibt sie ihren Weg in die Sucht und wieder heraus. Besonders viel Spaß hat mir ihre Abrechnung mit der Werbebranche gemacht. Das ist nicht nur ein Geschenk für Betroffene. – Siehe auch in unserer Rubrik „non fiction, kurz“.

Und dann gehen wir mal in das Jahr 1999 zurück. Ich habe gerade noch einmal Franz Doblers »Tollwut« (Edition Nautilus) gelesen, ich konnte mich nicht mehr so gut daran erinnern. Der Mann konnte schon vor 20 Jahren sosososo gut schreiben. Und überhaupt, alles von ihm gehört zu Weihnachten verschenkt! Und von Max Annas, Johannes Groschupf (auch Jugendbücher), Regina Nössler, Candice Fox, 

Garry Disher, Ross Thomas, Friedrich Ani, Andreas Pflüger, Virginie Despentes, Harry Bingham, Remigiusz Mróz (es gibt leider nur ein Taschenbuch, ich hätte ihm mehr Erfolg gewünscht) und von – noch ein kleiner Ausbrecher – Deniz Yücel … und noch so viel mehr.

Torsten Meinicke, Buchladen in der Osterstraße, Hamburg

Hier kommt meine schwarze Lektüre im grauen Dezember:

– Alan Parks, Tod im Februar (Ü: Conny Lösch), Heyne Hardcore 2019, 428 S., 16,00 Euro: Nach „Blutiger Januar“ der zweite Band der Reihe um Detective Harry Mc Coy, der 1973 in Glasgow im Kampf gegen Drogen und Korruption durch Blut watet. Klasse Übersetzung von Conny Lösch und schon Vorfreude auf „Blutiger März“, oder wie immer der dritte Band in deutscher Übersetzung auch heißen wird. – Siehe Hanspeter Eggenberger in dieser Ausgabe.

– James Lee Burke, Mein Name ist Robicheaux (Ü: Jürgen Bürger), Pendragon 2019, 600 S, 22,00 Euro: Der 21. Band der Reihe des Großmeisters und eine deutsche Erstübersetzung. Dave Robicheaux und seine menschliche Abrißbirne Clete Purcell jagen ihre Feinde und die Gespenster ihrer Vergangenheit, die da heißen: Korea, Vietnam und Alkohol.

– Anthony J. Quinn, Gestrandet (Ü: Robert Brack), Polar 2019, 318 S., 20,00 Euro: Celcius Daly sucht die Mörder des Garda-Polizisten Brian Carey, der tot im Lough Neagh gefunden wird. Die Spur führt zum Schmuggler und Ex-IRA-Mann Tom Morgan. Viel Nebel, viel Moor, viel Regen, viel Brexit.

– Lisa McInerney, ,Blutwunder (Ü: Werner Löcher-Lawrence), Liebeskind 2019, 333 S., 22,00 Euro: Ein alter Bekannter  aus „Glorreiche Ketzereien“: Der Kleindealer Ryan Cusack, bekannt für Fettnäpfchen, will in Cork/Irland endlich an die ganz guten Pillen und das ganz große Geld. Die neapolitanische Mafia und andere mehr sehen das anders. Lob!

– Ross Thomas, Der Yellow-Dog-Kontrakt (Ü: Stella Diedrich, Gisbert Haefs und Edith Massmann), Alexander 2010: Hatte ich an dieser Stelle schon einmal geschrieben, dass alle Menschen Ross Thomas lesen sollten? Nein? Dann jetzt! In diesem Fall zumindest aber alle Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. 

 Michela Murgia, Faschist werden. Eine Anleitung (: Julika Brandestini), Wagenbach 209, 109 S., 7,00 Euro: Eine italienische Schriftstellerin Michela Murgia hält ihren Landsleuten mit diesem bösen Pamphlet den Spiegel vor.  Faschismus ist ein Verbrechen!

– Andy Riley, King Eddi und der fiese Imperator (Ü: Christine Spindler), Beltz & Gelberg 2019, 207 S., 12,95 Euro: Lektüre für Kleinkriminelle ab 7 Jahre. Eddi ist König von Eddiland, und zwar ein sehr beliebter König. Denn von seinem Taschengeld kauft er jede Woche Schokolade für seine Untertanen. Das kann auf Dauer natürlich nicht gut gehen und Eddi ist plötzlich pleite. Da sieht der fiese Imperator Nurbison seine Chance gekommen. Merke: Gehe nie Versprechen von Despoten auf den Leim, ob sie nun Trump, Putin oder Nurbison heißen!

Und jetzt stürze ich mich ins (hoffentlich erfolgreiche) Weihnachtsgeschäft!

PS: Apropos Weihnachtsgeschäft: Alle Menschen, die in Berlin wohnen oder nach Berlin fahren, mögen sich  bitte in den nächsten Wochen bei unseren geschätzten Kollegen der „Krimibuchhandlung Hammett“ um den Verstand kaufen, denn wir wollen sie weiter bei uns wissen. Das ist ein Befehl!

Monika Dobler von Buchhandlung Glatteis, München:

Hier sind die glatteis-Tipps:

Anthony Quinn, Gestrandet  (Polar Verlag, Ü: Robert Brack) – Der Verlag meint: „Der Roman zum Brexit“, auf jeden Fall ein verdammt spannender Krimi.

Gunnar Staalesen, Todesmörder (Polar Verlag, Ü: Gabriele Haefs/Nils Schulz) – noch mal der Polar Verlag, dieses Mal ist der Schauplatz Oslo.

Jess Kidd, Die Ewigkeit in einem Glas (DuMont, Ü: UlrikeWasel/Klaus Timmermann) – Das viktorianische London, grotesk, gruselig, komisch, gespensterhaft; wenn man so was mag, ist es das wunderbarste Lesevergnügen. Ich mag Jess Kidd und ihre spooky Ideen.

Hannelore Cayre, Die Alte (ariadne Krimis, Ü: Iris Konopik) – toller Krimi, zugleich eine wunderbare sozialpolitische Farce. – Siehe die große Besprechung von Katja Bohnet in dieser Ausgabe.

Frederick Forsyth, Der Fuchs (C. Bertelsmann, Ü: Rainer Schmidt) – auch er, neben Le Carré,  hat noch mal alle Register gezogen. Hier ist es ein junger Hacker, der die Waffensystems der Supermächte aus dem Gleichgewicht bringt.

Lisa McInerney, Blutwunder (Liebeskind, Ü: Werner Löcher-Lawrence) – eine Fortsetzung von „Glorreiche Ketzereien“, die Geschichte des jungen Dealers Ryan Cusack wird weitererzählt. 

Candice Fox, Missing Boy (Suhrkamp, Ü: Andrea O’Brien) – der dritte Roman aus Crimson Lake mit  Ermittlerduo Amanda Pharell und Ted Conkaffey. – Siehe bei uns in den „Bloody Chops“.

Ilaria Tuti, Eiskalte Hölle (Penguin, Ü: Ingrid Ickler) – spannendes Lesefutter aus dem Norden Italiens.

Heinrich Steinfest, Der schlaflose Cheng (Piper) – Cheng ist zurück. Einfach immer ein Vergnügen dieser Steinfest.

Und natürlich darf kein Weihnachtskrimi fehlen, vielleicht:

Agatha Christie, Das Geheimnis des Weihnachtspuddings (Atlantik) – Kurzkrimis zum Fest, oder

Brian Flynn, Die Morde von Mapleton (DuMont, Ü: Barbara Först) oder

Charlotte McLeod, Mord in stiller Nacht (DuMont)   – An Weihnachten darf es ja vielleicht ein bisschen gemütlicher zugehen, und dafür sind diese Klassiker gerade richtig.

Jutta Wilkesmann, Wendeltreppe, Frankfurt:

Cara Hunter: In The Dark (Aufbau)

Steven Price: Die Frau in der Themse (Diogenes)

Colin Cotterill: Dr. Siri und der verschwundene Mönch (Goldmann)

Ryu Murakami: Coin Locker Babys (Septime)

Hakan Nesser: Der Verein der Linkshänder (btb)

Christian Koch, Buchhandlung Hammett, Berlin:

Trotz – oder wegen – des Weihnachtsgeschäftes ist es zum Jahresende an der Neuheitenfront eher ruhig. Im Dezember 2019 kommt kaum noch aufregendes Neues raus, insgesamt nur 66 Krimis aus 24 Verlagen.

Immerhin einige Taschenbuch-Ausgaben, auf die wir gewartet haben: Friedrich Anis „Der Narr und seine Maschine“ (Suhrkamp),
Michel Theurillats „Lenz“ (Ullstein),
Petros Markaris‘ „Drei Grazien“ (Diogenes),
und Jesmyn Wards „Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt“ (Ullstein).

Die Hammett-Weihnachtstipps gibt es hier. Wir linken zur Website von Hammett, weil es eh sinnvoll ist, dass Sie dort bestellen – und nicht bei amazon.

Comic/Heimkino
Oktober 2019 – von
Katrin Doerksen und Thomas Groh:

Katrin Doerksen hat Pause, deshalb diesmal nur Heimkino:

The Artist & The Pervert von Beatrice Behn & René Gebhardt
96 Min., ab 6. Dezember auf DVD, weitere Informationen hier

Georg Friedrich Haas ist einer der profiliertesten Komponisten unserer Gegenwart. Mollena Williams ist eine Ikone der New Yorker Spoken-Word-Szene. Er ist weiß und Nachfahre von Alpen-Nazis. Sie ist schwarz und Nachfahrin amerikanischer Sklaven. Georg und Mollena sind ein glückliches Paar. Sie leben in einer BDSM-Beziehung. Er ist der Meister, sie die „Sklavin“. Beatrice Behns und René Gebhardts Porträtfilm „The Artist & the Pervert“ ist ein kleines, einfühlsames Filmwunder, das klischierte Vorstellungen in sich zusammenfallen lässt wie ein Kartenhaus im Wind. Es ist ein Film über das Glück der Kunst, das Glück der Liebe – und das Glück des gemeinsamen Kinks. Wärmste Empfehlung!

RRWB – Räterepublik Westberlin von Jörg Ulbert, Jörg Mailliet und Thomas Jaedicke
Berlin Story Verlag, 210 Seiten, 29,95, lieferbar. Informationen hier.

Zeitenwende 1968 – und zwar buchstäblich: Ein Jahr nach dem Mord an Benno Ohnesorg, ist Westberlin nach einem Putsch eine Räterepublik unter der Führung von Horst Mahler, Rudi Dutschke und Otto Schily. Ziel: Eine gerechte Gesellschaft ohne den grauen Funktionärsmuff aus dem Osten der geteilten Stadt. Ein Comic über den Zusammenstoß der hohen Ideale der Theorie mit den Beharrungskräften des Faktischen.

Knives Out von Rian Johnson
130 Minuten, ab 2. Januar im Kino

Ein toter Krimi-Schriftsteller, ein entlegenes, verwinkeltes Landhaus und eine Familie voller Erbgeier – im Grunde könnte Rian Johnsons „Knives Out“ ein ziemlich egaler Krimi nach Agatha-Christie-Manier sein. Doch Johnson – der vor zwei Jahren die Star-Wars-Saga mit einem sensationell gemeinen Sackgassen-Film so subversiv wie vorbildlich in die Krise manövriert hat – ist bekanntlich ein ziemlich smarter Regisseur, der sich auf onkeliges Fabulier-Kino von vornherein nicht einlässt: „Knives Out“ ist ein toll abstruser, von einem sagenhaften Cast (Jamie Lee Curtis! Daniel Craig! Christopher Plummer! Chris Evans! Toni Colette! Michael Shannon! Don Johnson! und und und) getragener Whodunit, der schon nach einer halben Stunde seine herrlich beknackte Lösung preisgibt – nur um am Ende doch noch alle Asse in der Hand zu halten. Vom Verleiher aus unerfindlichen Gründen in die Todeszone der Jahreswechsel-Kinostarts versenkt, ist diese kleine Filmperle unbedingt zu empfehlen.


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