Saufen & balgen …
– Die Jack-Taylor-Romane von Ken Bruen in den berüchtigten „kongenialen“ Übersetzungen von Harry Rowohlt waren schon nicht so der Knaller. Als Vorlage für bewegte Bilder braucht man ja auch nicht unbedingt literarische Meisterwerke. Bis auf wirklich schöne Bilder von Galway, der irischen Hafenstadt, in der Jack Taylor umgeht, ist auch mit der TV-Adaption nicht viel los, meint Anna Veronica Wutschel.
Gerechtigkeit? Nichts als eine Farce? Familie, Freundschaft – heikles Terrain, das mehr ernüchternde Enttäuschung bereithält als Geborgenheit und Liebe? Beziehungen? Nichts als Floskeln, Versprechungen, auf die sich Menschen einlassen, an denen sie scheitern und zerbrechen?
Jack Taylor, irischer Ex-Bulle, wenig beliebter Privatdetektiv, passionierter Säufer mit Schlag bei den Frauen, erfährt die eigene Verwundbarkeit immer wieder auf die harte Tour. In der vorliegenden Serie „Jack Taylor“, die die Bestseller von Ken Bruen filmisch adaptiert, wird der titelgebende Protagonist beständig vermöbelt, permanent belogen und betrogen. Als echter Kerl mit „Büro“ in der Stammkneipe steckt er so viel Unbill des Lebens indes recht gut weg und ermittelt hartnäckig und ohne Rücksicht auf Verluste, bis ein Fall gelöst ist. Die dem Titel anhängige Zusatzinformation Volume I lässt darauf schließen, dass Taylor, der sich in der ersten Staffel zunächst durch sechs Fälle ackert, demnächst weiter ermitteln wird. Die Fans wird es freuen, doch lohnt es sich, ein Eckchen in der DVD-Sammlung für diese Serie einzuplanen?
Wer’s mag …
Wer an Actionszenen-Montagen in Räuberpistolenmanier inszeniert sowie recht spannungsarmen Kriminalfällen, die vor allem durch Unlogik faszinieren, Gefallen findet, wird die Möchtegern-Hardboiled-Serie lieben. Iain Glen, der unter anderem aus „Tomb Raider“, „Downton Abbey“ oder „Game of Thrones“ bekannte Darsteller gibt sich dabei alle Mühe, der Figur mit der harten Schale und dem sensiblen, belesenen, feinsinnigen Kern Tiefenschärfe zu verleihen. Doch das scheint in den auf 90 Minuten Spielfilmlänge zusammengeschusterten Episoden kein einfaches Unterfangen. Und wieso wurde der Schotte überhaupt als irischer Jack Taylor besetzt? „Nun“, antwortet Ralph Christians, der Produzent“, eventuell etwas unreflektiert, da er wohl im Weiteren Darsteller und Rolle ein wenig durcheinanderwirbelt. „Männer mögen ihn, weil er knallhart ist, aber Frauen mögen ihn noch mehr.
Ich denke, jede Frau zwischen 25 und 55 möchte gern ein paar Jahre mit ihm zusammen sein. Nicht ein Leben lang. Hauptsächlich, um ihn zurechtzubiegen, ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Es ist eine Mischung aus fatal attraction und Mutterinstinkt.“ Schwierig zu mutmaßen, ob sich Charisma des Schauspielers und der Rolle wirklich so simpel dem Publikum, besonders dem weiblichen anscheinend, erschließt. Für den krimiaffinen Zuschauer, egal welchen Geschlechts, wäre eine packende, auf Logik und Realität aufbauende Handlung jedoch sicherlich weit interessanter. Darauf wird aber leider wenig Wert gelegt, und so säuft und balgt sich Taylor vornehmlich durch die vom Kameramann fein in Szene gesetzte westirische Küstenstadt Galway.
Ein eigentümliches Trio …
Da Taylor vom Alkohol beschwingt bei einer Verkehrskontrolle einem hohen Politiker, dessen Aktivitäten er für unlauter hielt, kräftig eine gescheuert hat, ist ihm das gelungen, was kaum ein irischer Polizist bei der als korrupt und ineffizient geltenden Schutztruppe schafft: Taylor wurde unehrenhaft entlassen. Und ermittelt fortan in dem alten Polizeiallwettermantel als Privatdetektiv. Das ist kein leichter Job, der vor allem in Irland, wo er fast als Spitzeldienst gilt, schlecht angesehen ist. Die Fälle stellen sich dennoch ein, und so wird Taylor bald von einer geheimnisvollen femme fatale (Tara Breathnach) engagiert, die ihn auf die Spur ihrer verschwundenen Tochter ansetzt. Dass Taylor bei seinen Ermittlungen, oder eher bei seinen alkoholisierten nächtlichen Spaziergängen auf die junge, ehrgeizige, aber querdenkende Polizistin Kate Noonan (Nora Jane Noone) trifft, ist ein Glücksfall, denn umgehend ermitteln die beiden trotz aller äußeren Umstände, die derartige Kollaboration vor allem als illegal betrachten, mehr oder weniger Hand in Hand.
Und so gibt es nicht nur Einblicke in die vermeintlich realistische Polizeiarbeit, sondern für Taylor auch eine Menge polizeiinterner Informationen, die er als ermittelnder Trunkenbold mit unzähligen Feinden in der Stadt gut gebrauchen kann. Bald darauf gesellt sich dann auch noch der junge Cody zu Taylor und gibt eine Art ungestümen Watson-Kompagnon, der für den derberen Humor sorgt. Und teilweise im Internet, in Bibliotheken, oder gar Undercover echte Ermittlungen anstellt. Und so löst das etwas eigentümliche Trio im Weiteren eine Menge Morde und Verbrechen, hinter die die Polizei niemals gekommen wären.
Wirr und aufgeplustert …

Ken Bruen ©Andrew Downes
Vor allem die dritte Episode, „Gefallene Mädchen“, sticht qualitativ aus der ersten Staffel heraus. Hier wird auf die Geschichte der Magdalenen-Heime rekurriert, in denen im Namen der Kirche entsetzliche Schandtaten an jungen „gefallenen“ Frauen begangen wurden. Diese Gräuel sind bereits aus dem von Peter Mullan gedrehten, preisgekrönten Filmdrama „Die unbarmherzigen Schwestern“ (2002) bekannt, in dem im Übrigen auch Nora-Jane Noone brillierte. Der Fall für Taylor kann sich nun sicherlich weder inhaltlich noch filmisch mit der Dramatik des Films messen, besticht aber durch die Glaubwürdigkeit der dargestellten historischen Ereignisse, die in Rückblenden erzählt werden. Zudem wird in dieser Folge ein wichtiges Detail aus Taylors Familiengeschichte enthüllt, das einige innere Spannungen der Figur erhellen könnte.
Ebenso darf auch die letzte Folge, „Das schweigende Kind“, zu den gelungeneren der der vorliegenden Staffel gezählt werden. Taylor hat Galway nach einem Anschlag, der wohl ihm gelten sollte, aber seinen Junior-Partner Cody ins Koma geschossen hat, verlassen. Er treibt sich rum, säuft wieder unkontrolliert und beschattet vornehmlich untreue Ehefrauen, um sich finanziell irgendwie über Wasser halten zu können. Da trifft er eines Nachts mitten im Wald ein blutüberströmtes Mädchen, das in argen Schwierigkeiten steckt, die Taylor gegen alle Widerstände lösen wird. Der Fall ist ebenso unspektakulär wie wirr und aufgeplustert uninteressant, beeindruckt aber durch die Leistung der Jungdarstellerin Hazel Doupé, die Taylor aka Iain Glen mit ihrem argwöhnisch forschenden Blick und viel Talent die Show stiehlt.
Unausgegoren …
Die erste Staffel ‘Jack Taylor’ stellt durchgehend die Frage nach Moral und Verantwortung, gibt sich dabei trotz der Hau-Drauf-Viel-Blei-Kaum-Schäden-Manier gern bedeutungsvoll tiefschürfend. Leider versandet dieser unausgegorene Mix aber lediglich in oberflächlicher Leidenschaftslosigkeit wie auch die beständig beschworene Anziehung zwischen Taylor und Kate Noone.
So ist es vornehmlich die Perspektive der Kamera, die in dieser irisch-deutschen Produktion die Vielschichtigkeit von Wahrnehmung inspiriert umsetzt, ohne das Stakkato-Action-Moment der Serie zu vernachlässigen. Die atmosphärische Dichte, das sensibel Bitterböse, das Bedrückende, Originelle, das die Serie laut Aussage der Verantwortlichen anstrebt, wird so zumindest durch das besondere filmische Mittel der Kamera umgesetzt. Insgesamt gesehen, darf man in Jack Taylors Fall aber wohl lieber getrost zurück zum Buche greifen.
Die DVDs bieten im Übrigen lediglich die deutsche Synchronisation, also weder die sprachliche Originalfassung noch Untertitel. In den Extras geben Darsteller, Produzent, Regisseur etc. kurze Interviews, die wenig originell gehalten, wenig Einblick geben, sondern eher wie simple Promo klingen.
Anna Veronica Wutschel
Jack Taylor – Volume I.
6 DVDs. Studio: Edel Motion. Laufzeit: 540 Minuten. Produktionsjahr: 2013. Darsteller: Iain Glen, Nora-Jane Noone, Killian Scott, Hazel Doupé u. a. Regisseur: Stuart Orme. Erscheinungstermin: 9. Dezember 2013. Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1). Bei uns zu Ken Bruen hier, hier und hier. Zum Autor und den Jack Taylor Romanen bei seinem Verlag, hier.