Geschrieben am 8. März 2014 von für Crimemag, Kolumnen und Themen

Hinter der Linie, vor dem Spieltag

Mara BraunHinter der Linie, vor dem 24. Spieltag

– Eine Fußballkolumne von Mara Braun.

Voilà, die letzten elf Spieltage der Saison sind angebrochen. Bitte merken Sie sich für diese kommenden Wochen den Begriff Kellerduell – oder lassen Sie es vielleicht auch bleiben, so oder so wird er bis Mitte Mai nicht mehr aus der Top Fünf der Wörter zu vertreiben sein, die Sportjournalisten bei der Anmoderation der Spielbeiträge benutzen … Weitere Dauerbrenner sind der stets gefährdete Ligadino, das klassische Derby und in der jetzigen Saisonphase auch gerne eine Kombination aus mehreren Tops, zum Beispiel ein heiß umkämpftes Kellerderby.

Garniert wird an den folgenden Spieltagen zudem jede sich dazu anbietende Moderation mit einem Zitat des Bundestrainers oder anderer Amtsträger, die für die im Sommer anstehende Weltmeisterschaft schon mal üben, die Stirn in Sorgenfalten zu legen. Denn eins ist klar, die empfindliche deutsche Fußballseele muss in den Wochen bis zum Turnier darauf vorbereitet werden, in Brasilien maximal ‒ und auch nur mit viel Glück und den richtigen Hotelbetten ‒ den dritten Platz erreichen zu können. Als ob 82 Millionen Meckerbiester mit Trainerschein das nicht ohnehin wüssten – und längst auf die größtmögliche Blamage eingestellt sind!

Wir sagen Prosit mit Äppelwoi

Besondere Sorgen bereitet Jogi Löw die anhaltende Verletzungsmisere seiner Spieler. Und weil er nicht einsieht, wieso dieser Kummer ihn alleine grämen sollte, hat er vor dem Spiel gegen Chile unter der Woche eine Gemeinheit ausgeheckt, wie sie einem nur beim In-der-Nase-Bohren kommen kann. Sein Plan, möglichst viele der von ihm nominierten Spieler in katastrophalem Zustand an ihre Vereine zurückzugeben, trifft den ohnehin kriselnden HSV mit den Ausfällen von Jansen und Lasogga besonders hart.

Für ein zusätzliches Ärgernis sorgten die neuen Trikots, der Hintergrund: ein Missverständnis beim Ausstatter. Dieser hatte leider den neuen Slogan des DFB-Teams „Bereit wie nie“ nicht richtig verstanden (Jogi Löw wies Behauptungen zurück, er selbst habe das Sprüchlein falsch ins Telefon genuschelt) und nahm an, es ginge um die Umsetzung der Losung „Breit wie nie“. Die Folge: grottenhässliche Trikots, deren besonders breite Streifen einerseits die breite Brust der Bundeskicker symbolisieren sollen, zum anderen einen Scherz aus der sehr offensichtlichen Anlehnung an die Eintracht-Trikots machen. Eintracht – Hessen – Äppelwoi, nirgendwo sind die Fans im Stadion breiter. Dumm nur, dass damit die Fans in Stuttgart verwirrt wurden, die im Irrglauben daran, erneut einen Kick ihres Teams gegen Frankfurt zu sehen, für 90 Minuten die Spieler auspfiffen. So was kommt eben von so was …

Traumwandeln auf der Canstatter Wasen

Aber nach dem Länderspiel ist vor dem Ligawochenende, und da geht’s so richtig zur Sache, wenn auch leider dfb-bedingt erst am Samstag: Das Freitagsspiel entfällt. In Gelsenkirchen empfangen krisengebeutelte Schalker die Mannschaft der Stunde (Phrasenschwein!) – nach ihrem Sieg gegen Wolfsburg rechnen sich die Kraichgauer merklich eine Chance aus. Aber weil das Leben wie eine Schachtel Pralinen ist („Forrest Gump“!) und man beim Wühlen und Fummeln in der dunklen Packung nur zwei-, aber nicht dreimal am Stück danebengreift, ist Schalke am Ende obenauf. Eben von oben würde auch Mönchengladbach gerne mal wieder grüßen, aber deren Misere findet gegen Augsburg nur ein halbes Ende – die Teams trennen sich unentschieden.

Ein Punktgewinn, davon träumen erneut auch die Stuttgarter, die just diese Träumerei sogar auf dem Platz fortführen. Vielleicht wäre ein engagierter Auftritt die bessere Idee gewesen – so aber ist Stuttgart sogar für die schwachen Braunschweiger ein leichtes Opfer: Heimpleite. Vor dem Anpfiff in Hannover sollen der Legende nach Rudi Völler und Martin Kind heftig aneinandergeraten sein. Streitthema: Wer hat die größere Krise, 96 oder Bayer? Tendenz nach dem Spiel: Es sind die Hannoveraner, die inzwischen auch zu Hause unterliegen. Ganz anders verläuft der Arbeitstag beim großen HSV, der bekanntermaßen immer dann triumphiert, wenn der Gegner scheinbar übermächtig ist. Weil die heftig unter Druck stehenden Kicker nach der Partie Deutschland – Chile unter der Woche die Frankfurter in ihren schwarzroten Trikots für die Spieler der Nationalmannschaft halten, gewinnt Hamburg das Spiel mit 3:0 – Tusch!

Kein Spiel, sondern Fanbegegnungstag in Wolfsburg, wo die Beteiligung bei Leverkusen am letzten Wochenende (zur Erinnerung: 1 Fan) sogar noch unterboten wird. Die Bayern stellen derweil erneut einen Rekord auf und spielen gegen sich selbst 25:23. Unterdessen endet das kampfbetonte Duell zwischen Nürnberg und Bremen im Souterrain der Liga unentschieden. Die Sonntagsspiele sind vor allem torintensiv, das längere Ende haben Mainz und Dortmund.

Die Ergebnisse im Überblick
  • Schalke – Hoffenheim 4:3
  • Gladbach – Augsburg 2:2
  • Stuttgart – Braunschweig 1:3
  • Hannover – Leverkusen 1:2
  • Hamburg – Frankfurt 3:0
  • Nürnberg – Bremen 2:2
  • Freiburg – Dortmund 1:3
  • Mainz – Hertha 4:2

Dieser Beitrag wurde unter notarieller Aufsicht am Donnerstag, den 6. März 2014 um 17:30 Uhr fertiggestellt.

Mara Braun

Mara Braun, geboren 1978 in Heidelberg, aufgewachsen im hessischen Odenwald mit einem Abstecher nach Mississippi, seit 1998 in Mainz am Rhein. Studium der Filmwissenschaft & Publizistik. Journalistin, Autorin, Fußballbegeisterte, Bücherwurm, Überzeugungstäterin. Im September 2013 erschien „111 Gründe, Mainz 05 zu lieben“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf). Mara Braun bei Facebook, bei Twitter, im Blog.

Tags : ,