Geschrieben am 1. Februar 2014 von für Crimemag, Kolumnen und Themen

Hinter der Linie, vor dem Spieltag

Mara BraunHinter der Linie, vor dem 19. Spieltag

Eine Kolumne von Mara Braun.

Diese verrückte Bundesliga! Nach dem 18. Spieltag steht plötzlich nochmals der 17. auf dem Programm: Nachholspiel der Münchner Bayern gegen den VfB Stuttgart. Und das unmöglich Geglaubte passiert, die Pep-Truppe spielt so völlig ohne und – unentschieden – glauben zumindest die Fußballfans, die den Ticker in der 90. Minute mit einem satten, zufriedenen Grinsen abgestellt haben. Na also, elf Punkte Vorsprung auf den Zweiten, da wird es doch noch mal spannend an der Tabellenspitze: Hust!

Wird es natürlich nicht, denn abgesehen davon, dass die Bayern in dieser Saison trotz meiner hartnäckigen Prophezeiungen (laut derer sie im Prinzip permanent Punkte liegenlassen) wohl erneut absolut uneinholbar sind, wurde es den Schwaben in der 93. Minute sehr rheinhessisch zumute: Spiel verloren, Punkte futsch, wenn sich das mal nicht rächt am Saisonende. (Wobei – von mir aus darf es das ruhig). Und, mal ehrlich, spannend wäre es in Sachen Meisterschaft so oder so nicht mehr geworden, die holen sich die Münchner am Ende mit einem Vorsprung an Punkten, die andere netto auf dem Konto haben. Gähn. Wie gerne wäre man dieser Tage fußballerisch gesehen Engländer: Auf der Insel liefern sich der FC Arsenal, Manchester City und Chelsea einen spannenden Dreikampf um die Krone, und mindestens Liverpool ist auch noch in Schlagweite – so muss Fußball … Nun ja.

Aber das Leben ist nun mal kein Ponyhof, Phrasenschweinfütterung, also was bleibt uns übrig, als jedem neuen Spieltag mutig entgegenzublicken – das gilt selbst für die achso geschockten Stuttgarter unter uns oder auch für die Hamburger, die von ihrer örtlichen Presse abwechselnd in den Himmel gelobt und in den tödlichen Abgrund geschrieben werden. Als ob, kichert sich die Kolumnistin Ihres Vertrauens da eins, der Norddino je absteigen würde – nicht in diesem Leben, darauf können Sie sich gerne und jederzeit berufen.

Aber ich schweife ab, wie sollte es auch anders sein, wo doch eben alles mit allem zusammenhängt, bloß wir sind ja nicht zum Vergnügen hier, wo habe ich bloß mein Phrasenschw… ah – da ist es ja, zwei Euro ins Wutzje und ab in die Geschehnisse auf dem Spielfeld. Da wir nun leider nicht in England sind, bleibt es an der Spitze konsequenterweise den Rest der Saison langweilig, der FC Bayern gewinnt alle Spiele und wird deswegen demnächst vielleicht von dieser Kolumne einfach völlig ignoriert, wofür ich mich im Voraus beim jeweiligen Gegner entschuldige. Diesmal wird übrigens Frankfurt überrollt; es gibt Schlimmeres.

Bereits am Freitag nimmt Borussia Dortmund auch ein wenig Brisanz aus dem Duell um Platz 2 – und was das angeht, klingen die Bundesligaprofis derzeit ja verdammt englisch höflich – schließlich sind die Bewohner des Fußballmutterlandes bekannt für Verhaltensweisen wie das tadellose Anstehen vor sich öffnenden Bustüren. Und was der eine oder andere Profi des BVB zuletzt hat verlauten lassen, klang ähnlich höflich organisiert – mehr als die Vizemeisterschaft ist nicht drin. Was rational und rechnerisch Sinn macht, kommt doch daher wie der Tod jedes träumerischen Fanszenarios, wonach die Elf auf dem Platz gefälligst so lange zu kämpfen und zu siegen hat, bis die Saison vorbei ist – und zwar mit Leidenschaft und ohne jeden gebotenen Realismus; wir sind hier schließlich auf Rasen und nicht im, äh, Dschungelcamp.

Aber ich schweife schon wieder ab; deswegen unumwunden, die Dortmunder verlieren mit 1:2 und machen damit den Abstiegskampf ein bisschen spannender; immerhin. Im Duell der VW-Milliarden gegen die russischen Ölmilliarden setzt sich Gazprom mit 3:2 durch, worauf im Schalker Fanblock mit Jens-Lehmann-Masken dekorierte schwule Fans ihre Zungen zum Engtanz schicken, Boy-on-Boy, versteht sich; weder Putin noch Lehmann wären amüsiert – aber das interessiert hier glücklicherweise keine Zapfsäule.

Leverkusen macht sich indes ernsthaft auf, Erster hinter den Bayern zu werden; die Elf von Sami Hyypiä gewinnt mit 4:1 gegen konsternierte Stuttgarter. Die TSG Hoffenheim derweil muss feststellen, dass Spiele gegen den HSV nur an der Elbe so richtig vergnüglich sind, im heimischen Stadion setzt es für die Gisdol-Elf wie zuletzt ein 1:4 und der von der (siehe oben) Hamburger Presse zuletzt arg gescholtene „Grinch“ van Marwijk muss anschließend direkt die Champions League-Ambitionen des Aufsichtsrates dämpfen.

Leichter hat es da das Erfolgsduo Heidel/Strutz in Mainz – nach einem etwas glücklichen Sieg der Rheinhessen gegen tapfer kämpfende Freiburger lässt sich Don Heiteli tatsächlich auf den Zaun locken, der Strutzeharald bläst dazu die Trompete und Neuzugang Koo zeigt seinen Mitspielern, wie männlich japanisch interpretierte Ballettmoves sein können. Nicht mehr wirklich überraschend bleibt der FC Augsburg die Mannschaft der Stunde und schlägt Bremen mit 4:2 – schwere Zeiten für Robin (wo ist mein Phrasenwuzje?) Dutt!

War (sonst noch) was? Ach ja, Hannover unterliegt Mönchengladbach und Lucien Favre erobert so mit seinem Team Rang 3 zurück. Der Sieg der Nürnberger gegen Hoffenheim vergangene Woche bleibt hingegen zumindest vorerst ein einsamer Leuchtturm, denn die bedauernswerten Franken gehen in der Hauptstadt gleich mit 2:5 unter. Bleibt alles gleich, Fußball ist immer noch wichtig!

Bayern – Frankfurt 5:2
Dortmund – Braunschweig 1:2
Schalke – Wolfsburg 3:2
Leverkusen – Stuttgart 4:1
Hoffenheim – Hamburg 1:4
Mainz – Freiburg 3:2
Augsburg – Bremen 4:2
Hannover – Gladbach 1:3
Hertha – Nürnberg 5:2

Diese Kolumne wurde am 30.01. 2014 unter notarieller Aufsicht fertiggestellt.

Mara Braun

Mara Braun, geboren 1978 in Heidelberg, aufgewachsen im hessischen Odenwald mit einem Abstecher nach Mississippi, seit 1998 in Mainz am Rhein. Studium der Filmwissenschaft & Publizistik. Journalistin, Autorin, Fußballbegeisterte, Bücherwurm, Überzeugungstäterin. Im September 2013 erschien „111 Gründe, Mainz 05 zu lieben“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf). Mara Braun bei Facebook, bei Twitter, im Blog.

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