Geschrieben am 5. April 2014 von für Crimemag, Kolumne

Hinter der Linie, vor dem Spieltag

Mara BraunHinter der Linie, vor dem 29. Spieltag

– Eine Fußballkolumne von Mara Braun.

Meine Damen und Herren, schnallen Sie sich an, die Saison geht in die entscheidende Phase – und wenn Sie jetzt ein Klacken hören, dann waren das die zwei Euro, die auf dem Boden des berühmtberüchtigten Phrasenschweins angekommen sind. Weil, Sie können das zwar nicht wissen, aber unter der Woche wohnt das possierliche Tierchen bei mir, im Sommer auf dem Balkon, im Winter im Badezimmer – nur sonntagmorgens stelle ich es den Herren mit der ebenso berühmtberüchtigten Fußballsendung zur Verfügung. Kennen Sie, oder? Mit diesen Laiendarstellern, die sich als ehemalige Fußballer und Journalisten verkleiden, aber aufgrund ihrer kompletten Ahnungslosigkeit immer verdammt schnell auffliegen. Nun ja.

An selber Stelle wurde kürzlich bereits aufgedröselt, dass diese sogenannte entscheidende Phase unter anderem am sich häufenden Einsatz von Wendungen wie „Kellerduell“ oder „Abstiegskampf“ – und eben „entscheidende Phase“ – zu erkennen ist. In Kombination mit der im Anschluss steigenden WM-Sause in Brasilien werden außerdem von der ersten Liga bis hinunter in die Kreisklasse bemerkenswerte Leistungen immer mit dem Nachsatz „über den sollte man in Sachen Kader nachdenken“ veredelt. Nachrichten über eine Verletzung folgen dem Muster Name plus verpasst die WM plus Bundestrainer-Sorgenfalten – so unmenschlich ist der Fußball eben in der „entscheidenden Phase“ der Saison: Auf etwaige emotionale Befindlichkeiten wird keine Rücksicht genommen, nur auf Jogis Stirnfurchen.

FIFA ist umgangssprachlich für Hohlbratzen

Und apropos WM, was war das unter der Woche für eine Aufregung, als plötzlich rauskam, diese saudoofe FIFA hat das Maskottchen doch tatsächlich „Fuleco“ genannt, obwohl, wie jeder weiß, das in Brasilien der umgangssprachliche Begriff für „Arsch“ ist. Das kann doch mal wieder nur der FIFA passieren – logisch, dass die Medien sich darauf stürzen und diesen Hohlbratzen mal so richtig die Klangschädel polieren. Nicht ganz so lautstark wurde in den Tagen danach kommuniziert, dass die Meldung sich im Nachhinein als, nun ja, purer Unsinn entpuppte, den einer brav vom anderen abgepinnt hatte. Der stets wunderbare Bildblog hat das Thema gewohnt amüsant und erhellend aufbereitet.

Aber noch wird keine WM gespielt, sondern die Meisterschaft, wenn auch nicht mehr um die Meisterschaft, die bekanntermaßen entschieden ist. Oder wie Max Kruse so schön formuliert: „Wir machen den Sieger unter allen anderen aus und Bayern kann sich alleine feiern.“ Kruse feiert am Samstag den Gladbacher Sieg über Nürnberg; ob er bei der WM im Viererzimmer mit den Kollegen aus München viel zu lachen haben wird, sei dahin gestellt. Denen ist nach dem Unentschieden gegen ManU in der Champions League nicht zum Feiern zumute, noch dazu prüft die DFL gerüchtehalber auf Wettbewerbsverzerrung, nachdem einige Spieler das Unentschieden gegen die TSG damit kommentiert hatten, die Liga habe keine Priorität. Mies gelaunt nagelt Peps Millionentruppe die Augsburger in den letzten Winkel ihrer Puppenkiste.

Ho ho and a bottle of Äppler

Nachdem Eintracht-Ultras den Antrag gestellt haben, jedem Fan, der die Frage „Ist das ein Derby“ mit „Ja“ beantwortet Stadionverbot zu erteilen, spielen die Kicker aus Frankfurt und Mainz vor fast leeren Rängen: Bei aller Überstrapazierung des Begriffs geht die Begegnung inzwischen eben gemeinhin doch als Nachbarschaftsderby durch. Den Mainzern schadet das aber nichts, sie gewinnen – und saufen anschließend die Äppler-Vorräte der Stadt leer. Wer hingegen diese Saison komplett überhaupt nicht mehr gewinnt ist der VfB-Stuttgart – gegen Freiburg reicht es zumindest zum Unentschieden. Davon kann Werder Bremen nur träumen, gegen Schalke geht das Dutt-Team gnadenlos unter.

Derweil bekommt Dieter Hecking in Dortmund zu spüren, was passiert, wenn man sich nach ein paar gelungeneren Auftritten die Ziele gar zu hoch steckt und verliert mit eher zahnlosen Wölfen haushoch gegen den BVB. Braunschweig will indes Hannover nicht verletzen und die Hannoveraner im Abstiegskampf den Braunschweigern nicht wehtun, so kommt es zu einem Klassiker der Saisonendphrasen: Ein Unentschieden, das keinem weiter hilft. Und überhaupt niemandem hilft auch das Spiel der Hertha gegen Hoffenheim, hier wird derart ungehemmt Langeweile verströmt, dass die Ordner im Olympiapark mehrfach prüfen, ob über die dortige Belüftungsanlage eventuell einschläfernde Gase verteilt werden, weil bereits nach der ersten Halbzeit fast das komplette Stadion eingenickt ist. Wem hier nun das Ergebnis eines Spieles fehlt, dem sei gesagt, der HSV muss bis Saisonende nicht mehr antreten, um die Nerven aller Beteiligten zu schonen, und bekommt per Ligabeschluss automatisch den 15. Tabellenplatz gut geschrieben. Widersprüche gegen diese Regel per E-Mail an leckmich@amaermel.de!

  • Gladbach – Nürnberg 3:1
  • Bayern – Augsburg 5:0
  • Frankfurt – Mainz 2:4
  • Stuttgart – Freiburg 1:1
  • Bremen – Schalke 0:4
  • Dortmund – Wolfsburg 4:1
  • Braunschweig – Hannover 1:1
  • Hertha – Hoffenheim 0:0

Dieser Artikel wurde unter notarieller Aufsicht am 2. April 2014, um 8:45 Uhr fertiggestellt.

Mara Braun

Mara Braun, geboren 1978 in Heidelberg, aufgewachsen im hessischen Odenwald mit einem Abstecher nach Mississippi, seit 1998 in Mainz am Rhein. Studium der Filmwissenschaft & Publizistik. Journalistin, Autorin, Fußballbegeisterte, Bücherwurm, Überzeugungstäterin. Im September 2013 erschien „111 Gründe, Mainz 05 zu lieben“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf). Mara Braun bei Facebook, bei Twitter, im Blog.

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