Bestens unterhalten, bestens schreiben
– Letzte Woche, am 12. Januar 2012, ist Reginald Hill gestorben. Eine Würdigung von Henrike Heiland.
In Deutschland war er ein Geheimtipp, der es nie zum Bestseller schaffte, aber wenn ihn jemand kannte, dann wegen seiner Reihe um Dalziel und Pascoe. Da kommt er auf zweiundzwanzig Romane und einige Erzählungen, und wie viele Bücher er noch unter seinem oder anderen Namen geschrieben hat – angeblich hat er irgendwann aufgehört mitzuzählen, also zählen wir auch nicht. Immer wieder gerne zitiert wird, was er 2009 auf dem Harrogate Crime Festival bei einer Podiumsdiskussion mit John Banville – Thema waren die Unterschiede zwischen Kriminal- und echter Literatur – gesagt hat: „When I get up in the morning, I ask my wife whether I should write a Booker prize-winning novel, or another bestselling crime book. We always come down on the side of the crime book.” Da wäre man gerne dabei gewesen. Vor allem, weil seine öffentlichen Auftritte ohnehin rar gesät waren.
Reginald Hill, geboren am 3. April 1936 in Hartlepool, County Durham, konnte man für seinen derben und seinen feinen Humor lieben, für den politisch unkorrekten, dicken Andy Dalziel und den liberalen, smarten Peter Pascoe, für seine beruhigend altmodischen Plots und seine Marotte, sich in literarischen Anspielungen und überfrachteten Mottos und Zitaten zu verlieren. Die Thesen, warum er hierzulande nicht richtig ankam, während er in Großbritannien gefeierter Bestsellerautor war, sind vielfältig und reichen von „zu englisch“ über „zu konventionell“ bis „zu komplex“. Jede einzelne davon lässt sich aushebeln, womit die Frage wohl nie beantwortet sein wird. Aber auch die Briten brauchten erstaunlich lange, um ihm einen Gold Dagger zu verleihen: 1990, zwanzig Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung, war es soweit. Man könnte sich vorstellen, wie die Zuständigen mit großen Augen feststellen: „Wie, er hat noch keinen? Verdammt, wir dachten, er hätte längst einen.“ Aber vielleicht war es auch ganz anders. Fünf Jahre später bekam er noch den Diamond Dagger für sein Lebenswerk.

Die Gegend im Lake District, in der Reginald Hill gelebt hat
Ein ganz einfacher Anspruch
Sein Anspruch war, bestens zu unterhalten und bestens zu schreiben. Der Oxford-Absolvent und ehemalige Englischlehrer lebte mit seiner Frau nahe dem Lake District. Er litt in den letzten Jahren an einem Hirntumor und starb am 12. Januar 2012 im Alter von 75 Jahren. Es soll noch ein Buch von ihm geben, das voraussichtlich im nächsten Jahr erscheinen wird. Die Liste der Bücher, die noch nicht ins Deutsche übersetzt wurden, ist etwas länger. So gesehen wird er wenigstens noch eine Weile in den Buchhandlungen lebendig bleiben, bevor die beliebige Masse an Blut- und Folterkrimis sein Werk endgültig begräbt.
Wir trauern um einen großen Erzähler, wie es sie hierzulande zu wenige gibt, vielleicht weil sie zu wenig gelesen werden.
Henrike Heiland
Der Autor über „Midnight Fugue„, 2009 bei youtube.
Verfilmung der Dalziel and Pascoe-Reihe
Reginald Hill bei wikipedia, mit Werkverzeichnis.Zur Homepage von Henrike Heiland.