Geschrieben am 8. Mai 2010 von für Crimemag, Kolumnen und Themen

Carlos Krimischmiede

Der Pharao

Folgen Sie Carlo Schäfer in seine Krimischmiede, in der er auf dem Wahnsinn der Welt herumhämmert, auf dass die Funken sprühen. Heute erlaubt er uns wieder einen erschütternden Einblick in sein Archiv prekärer Projekte. Wir sind leider nicht sicher, ob sich mancher Kollege und manche Kollegin an diesem Thesaurus verwerflicher Ideen nicht längst bedient haben …

„Ich höre Popmusik, ich höre Operette, Oper nicht, man muss ehrlich sein, ich höre auch Blasmusik“, so unlängst eine Nachbarin am Gartenzaun.

Sie hat recht. Man muss ehrlich sein. Seit Spätsommer letzten Jahres habe ich unter anderem verhöhnt:

Guido Westerwelle,

Jürgen Fliege,

Papst Benni,

Ministerpräsident Mappus,

Ött-Ött-Öttinger,

Bert Hellinger,

Luise Rinser,

Ungenannte Krimiautoren,

Unschuldige Bürger,

Margot Käßmann,

pädophile Priester,

Nordkorea,

Oliver Pocher

und noch viele mehr.

Bei der Gelegenheit: Mathieu Carrière ist ein derartiger … Aber nein! Heute ist Buße angezeigt.

Denn wahrhaftig: In einem Windows-Ordner „Archiv bis 2005“ fand ich folgenden Plot, den ich offensichtlich zu Millenniumsbeginn zum zweiten Band meiner Heidelberger Krimireihe transformieren wollte. Alles, wirklich alles daran ist schlecht:

Lesen Sie selbst (und schon der Titel ist zum Kotzen):

Der Pharao

Gesprächskreis: Werte und Wissen:

1. Armin Brecht – Oberschwabe, Deutsch und Geschichte in Heidelberg – um die Fünfzig

2. José Franco – Kind chilenischer Flüchtlinge – Jahrgang 74, über verstorbenen Vater im Gesprächskreis, Sport und Technik an Mannheimer Hauptschule in Neckarau

3. „Karlchen“ Hermann – Gruppenchef – (bürg.: von Behnten), Realschullehrer D, Mu, E, nie im Dienst, lebt von Frau. Frau: Elisabeth, arbeitet als Krankenschwester in der Kinderklinik.

4. Tobias Lutz, D, G, Sp, Gesamtschule Viernheim, Frohnatur, in Fünfzigern

5. Uli Ochs – Mömmsen: Politik und Deutsch, Heidelberger Gymnasium, Agitator, Fanatiker

6. Dietmar Senf – Psychohengst, Beratungslehrer an Mannheimer Innenstadt Hauptschule

7. Dorothea Buchwald, 30, Theologiestudentin, hat sich in Gruppe gedränt

8. über: Marianne „Maja“ Berust, 50, D, R, HUS an der Grundschule, Waldhilsbach Pseudofeministin

9. Tatjana Müller 54, Supergrundschullehrerin + Behindertenintegration an Mannheimer Grundschule

10. Beate Schnitz, Schwäbin, Hennaluder, Realschule Speyer

Am 11. September 2001, mitten in „die“ Bilder, platzt Bombe. Armin Brecht – Oberschwabe, Deutsch und Geschichte in Heidelberg – um die Fünfzig erschossen, hatte Schule aus, wie immer in Sandhausen den Trimmpfad gejoggt.

Kaum herausgearbeitet, wird am 12. September Beate Schnitz-Hummel, Schwäbin, geschiedenes Hennaluder, Mann in Neuseeland, Realschule Speyer erschossen, ins Herz, wird von ihrem jungen Freund gefunden. Erdgeschosswohnung in Peterstal, Freund berichtet, sie sei in Arbeitskreis gewesen, über Adressbuch alle angerufen.

Zunächst Ruhe. Theuer und Co. klappern Leute ab und lernen sie kennen. Kreis existiert seit 70er Jahre, schwurbeliges Reformkonzept, Dunstkreis SPZ, Fahrpreisdemos, aber nichts Ernstes.

Am 14. September wird Tobias Lutz, D, G, Sp, Gesamtschule Viernheim, Frohnatur, in Fünfzigern besucht und erschossen, Täter versucht mit Küchenbeil Hand abzuhacken, lässt aber wieder ab und verschwindet mit Tatwerkzeug.

Hornung: Kopf, Herz, Hand – Täter wollte Pädagogenspur legen.

Pädagogenschiene wird abgeklappert. Mordserie erschreckt Heidelberg, Panik, daher Schritt an die Öffentlichkeit: Scheint Pädagogenmord zu sein, betroffen wohl (leider) Mitglieder des Arbeitskreises.

José – Pablo Franco – Kind chilenischer Flüchtlinge – Jahrgang 74, über verstorbenen Vater im Gesprächskreis, Sport und Technik an Mannheimer Hauptschule in Neckarau wird im Schloss gejagt. Augenzeugen sehen Mann. Schuss verfehlt ihn, Kugel wird später gefunden (andere Waffe), springt, überlebt schwerverletzt – Querschnitt. Schweigt.

Brief taucht auf: gez. Pharao – Täter wollte ursrünglich Pädagogenmuster legen und springt auf Islamistenzug auf.  Seltmann fällt drauf rein, Theuer nicht.

Leidig nimmt Buchwald auf. Dorothea Buchwald, 30, Theologiestudentin, hat sich in Gruppe gedrängt über Marianne „Maja“ Berust, 50, D, R, HUS an der Grundschule, Pseudofeministin.

Durch intensive Bewachung Ruhe. Theuer klärt Bekennerschreiben. Pseudo – Deutsch/türkisch, aus deutschem Koran falsch zitiert – kein Islam. Kann sich nicht durchsetzen. BKA ermittelt.

Ermittlungen in Sachen Franco dann also wieder auf eigene Faust. Junger Mann hat ausschweifend die Damen beglückt.

Uli Ochs – Mömmsen: Politik und Deutsch, Heidelberger Gymnasium, Agitator, Fanatiker agitiert heftig gegen Kriegsvorbereitungen, BKA verdächtigt ihn, kein Unbekannter, Theuer hält ihn für sicher, da Täter Islamistenmaske nicht fallen lässt.

Maja“ Berust wird auf Heimweg von Schule im Wald gestoppt und erstochen.

Leidig schläft mit Buchwald.

Theuer studiert alte Quellen, entdeckt Haffner auf Foto – Recherchen: Haffners Abizeugnis war gefälscht. War mal in einem Projekt „Arbeiterkinder“. Konflikt in der Gruppe. Haffner geht zum Schloss und findet Kugel. Lässt analysieren, auf Franco wurde anderer Waffe beschossen.

„Karlchen“ Herrmann, Dietmar Senf, Tatjana Müller werden streng bewacht, aber auch gefilzt.

Herrmann ist als Einziger nicht Lehrer geworden, krank. Lebt von Börsenspekulationen. Hat Teilen der Gruppe Geld geschuldet, aber nicht wirklich viel.

Eigene Situation allerdings marode. Untersuchung über Krankheiten, schließlich einziger Arzt der sich finden lässt Psychoanalytiker. Herrmann impotent, Kinder? Theuer auf eigene Faust nach Eckernförde, Sohn ähnelt Ochs, Tochter ähnelt Lutz, drittes Kind hat seltene Blutgruppe.

Ochs wird erstochen. Diesmal hat man Frau gesehen. Theuer nimmt an, Herrmann war in Kleidern seiner gleich alten Frau unterwegs. Herrmann gesteht.

Theuer behält Zweifel. Beschafft sich Blutprobe von Senf, Dr. Zuber hilft, Exhumierung der beiden anderen vermeintlichen Väter wird abgelehnt.

Ergebnis: Ist Vater von Herrmanns Kind, Kreuzskalierung, Täter entweder Väter und/oder Schuldner. Nur Franco, Brecht und Müller sauber.

Nachhaken: Brecht in Misshandlungsfall verstrickt.

Anfang September ist Mädchen in Kinderklinik gekommen mit unklarem Schwindel ect. kommt raus, dass vom Lehrer Lutz schwer geohrfeigt, Hörschaden. Zorn der Mutter (Kinder im Internat) nimmt zu.

Zweifel: Warum Wechsel auf Dolch. (Herrmann hat seine Pistole, ahnend, dass seine Frau Täterin verschwinden lassen.)

Belastet sich selbst in Todesangst. Seine Chance – Frau täten Müller müsste es tun. Sie liebt ihn. Plan, Tarnung: Hilf mir es selbst zu tun. Müller verschwindet. Herrmanns Frau begeht Selbstmord am Beerfelder Galgen. Hatte Lebensversicherung gekündigt. Müller nicht wirklich sicher dort gewesen. U-Haft, Druck, Francos Kollege Schellenberg wird gefasst. Herrmann lebt im großen Stil. Senf ist ähnlich weit in Gedanken, erpresst. Herrmann und Müller werden gefasst.

Yildirim treibt Adoption von Babett voran, erfindet Theuer als Partner. Hornung ist verärgert macht aber mit.

Es kommt zu….

Hier endet der Text – endlich.

Wie bin ich denn auf den Nachnamen „Berust“ gekommen? Notdürftig getarnte Notgeilheit?

„Uli Ochs – Mömmsen“? Was war denn da um Himmels Willen mit mir los? „José Franco“ – das ist ja mal eine Spaniername zu dem man nur Spaniername sagen kann. Und der Fettdruck zwischendurch! Sicher ist, dass ich nicht betrunken war, denn dann vertippe ich mich wesentlich mehr. Sonst ist gar nichts mehr sicher. Zehn Personen! Wollte ich das mehrbändig angehen? Gott, würde ich mich über so was lustig machen! Und jetzt?

Ich ende für heute. Verstört, gedemütigt, der Depp.

Carlo Schäfer