Geschrieben am 30. Juni 2012 von für Carlos, Crimemag

Carlos

Was ab jetzt im Krimi verboten ist

– An der Hochschule, wo ich im Brotberuf amte, wird heute ein „Gesundheitstag“ abgehalten. Solche Aktivitäten versetzen mich protestantisch Sozialisierten sofort in Gewissensnot, ja – Panik. Hakenschlagend bin ich eifrigen Studiosi, die mir den Blutdruck messen wollten entkommen, schon werde ich vor dem Fahrstuhl mit einer mahnenden Frage belämmert: „Willst du das wirklich tun?“
JA, ICH WILL IN DEN DRITTEN STOCK FAHREN!
Vor dem Hörsaal, in den ich nachher muss, ist ein Trainingsgerät aufgebaut, umringt von Waschbrettbauchbuben, die adipose Altersgenossen zwingen, öffentlich ihre Würde fallen zu lassen.

Und das alles, nachdem meine Frau und ich gestern in den Geburtstag der Holden hineingefeiert, bzw. -getrunken haben und ein mildes Leid den ganzen Körper besetzt.
Man will mir geradezu ans Leder: „Heute ist ein besonders guter Tag, um ein paar Leben zu retten!“, schreien mir Plakate, die um Blutspender barmen, entgegen. Nein, nichts da: Mein Blut würde heute und überhaupt die leidende Menschheit nur weiter dezimieren, es sei denn, die Herrschaften schleudern das derzeit Quälende raus und halten mit dem gewonnenen Sprit einen Kameradschaftsabend ab.

Heute ist aber dann doch auch nicht ein besonders guter Tag zum Sterben, wie der klingonische Startrek Offizier Whorf in jeder zweiten Folge befand, denn ich will wenigstens noch die Zuteilung der neuen Kredite erleben (und ein bissle „feiern“).
Nein, hier und jetzt sei es verkündet: Heute ist ein besonders guter Tag zum Listenschreiben!
Eine Liste schafft man auch mit vergiftetem Leib, Sonette, Dramen und Romane sind nicht drin.

Die Liste, ist sie einmal gefüllt, gibt einem das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Ein Labsal, das mir weder lehrend, noch schreibend allzu oft widerfahren ist. (Auch nicht als Heimwerker, wobei, der Fahrradschuppen kommt schon noch! Aber solange ich kein Fahrrad habe …

Nun denn – von A bis Z, was ab jetzt im Krimi verboten ist, weil ich es sage und zu den Atommächten gehöre.

  • A – „Armut macht Menschen zu Verbrechern!“ Einfach mal Schluss mit der Betroffenheitspampe.
  • B – „Bleib noch.“ – „Ich muss gehen.“ Eben. Schließlich wollen wir einen Krimi lesen/sehen und kein/en Sexbuch/film. „Sex ist dummes Zeug für kleine Kinder.“ (Norman Mailer)
  • C – Chinesische Mafia – ist an allem Schuld, wird aber nie erwischt und ins Spritzenhaus gesperrt. Also, was soll das?
  • D – Drogen. Nimmt jeder, braucht jeder, langweilig, ohne noch langweiliger.
  • E – Extasy führt dazu, dass die Jugend durchdreht und verblödet, das passiert ein paar Jahre später von alleine und ist also gar nicht so schlimm.
  • F – Freundschaftliches Verhältnis des Ermittlers zum bei der Ex-Frau lebenden Pubertätsmonster aus eigener Herstellung, weil’s das nicht gibt.
  • G – Gartenhäuser aus zwei Millimeter Pressspan, in denen Entführte brav auf den Abdecker warten.
  • H – Hinter dem Fall herlümmelnde Liebesanbändeleien der Herr- und Frauschaften Polizisten, statt dass die was schaffen.
  • I – Ignorante Staatsanwälte, denn mir reichen die echten.
  • J – Jugendgang, so staubig, sozialpädagogisch, sprachverfehlend dargestellt, man möchte fast wieder jung sein und es besser machen.
  • K – Krebs beim Bullen, er hat auch so schwer genug.
  • L – Loftanwesen für piefige A12 Beamten = Kommissare. Die wollen und sollen ins Reihenhaus.
  • M – Mütter, die Polizeiberuf und Kindsaufzucht hinkriegen und sogar noch mit verschiedenen Männern am Nageln sind, die soll Hera Lind bestatten.
  • N – Nutten, die desillusioniert, aber hart ihr osteuropäisches Schicksal verschweigen.
  • O – Orgasmen, scheu geschildert/gefilmt und vorabdenkompatibel angedeutet, seien es die schönen Guten oder die schönen Bösen oder am besten grad durcheinander – s. B.
  • P – Pigmentierte Opfer rassistischer Übergriffe, die mit sozialpädogischem Blick dem betroffenen Ermittler erläutern, wie böse es in Deutschland zugeht.
  • Q – Quälereinen in einsamen Gehöften mitten in Ballungsgebieten, wo sich solche einfach nicht befinden.
  • R – Ruhepausen, in denen der soeben gemaßregelte Kollege mit einem großen Tablett voll dampfender Kaffeebecher kommt und plötzlich bricht eine brummige Versöhnlichkeit aus – bevorzugt nachts um drei, kurz vor dem Showdown. Mobbing ist Mobbing: mehr davon!
  • S – Studenten, die einerseits brav studieren, was man am Aktenordner sieht, aber eine dunkle Seite haben, z. B. nachts schwarze Messen halten. Kein mir bekannter Student ist nachts zu irgendeiner koordinierten Aktivität und sei es die Häutung einer Katze fähig.
  • T – Tote ohne Ausweis, Etiketten, Gesicht, Kopf, Schnidelwutz – man kann auch ganz normal umgebracht werden.
  • U – U-Bahnen, von deren Gleis sich ein ansonsten kaum bewegungsfähiger Bürohengst ja dann doch im letzten Moment wieder runterwurstelt, nachdem (im filmischen Fall) die letzten zehn Meter der heranschlitternden Lok zehn Minuten gedauert haben.
  • V – Väter, die ihre Kinder sehen wollen und deshalb Geiseln nehmen, weil das keine gute Idee ist, sie sehen die Kinder danach erst recht nimmer und wenn, dann durch ein Gitter.
  • W – Wälder, deutsche Wälder, in denen es keine Menschen, aber Höhlen, Feuerstätten ohne verräterischen Rauch, ausreichend Wildbeeren und erfrischende Tümpel gibt, in denen man mal ein bisschen ausspannt und mal nicht der gejagte Serienkiller sein muss.
  • X – fache Verschleppung des finalen Zugriffs durch allenfalls leichtathletisch beeindruckende Rennereien über Hinterhöfe, Hafenanlagen, Fabrikgelände ect. pp.
  • Y – Yak reitende Lamas, Schamanen, Medizinmänner, Indianer mit Ostküstenakzent als Eso-Sidekick für das deutsche Dickerchen, Schluss mit dem Dreck.
  • Z – Zickenkriege im Revier, bevorzugt zwischen linksliberaler Ermittlungsrampensäuin und nichtsahnender Vorgesetzten – dass die Frauen grad so wenig taugen wie die Männer haben wir alle längst kapiert.

So.

Carlo Schäfer

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