Geschrieben am 15. August 2018 von für Crimemag, CrimeMag August 2018

Bildband: The Making of Stanley Kubrick’s „2001: A Space Odyssey“

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Ein Buch wie ein Monument

Eine Ausstellung im Filmmuseum Frankfurt feiert 50 Jahre Stanley Kubricks „2001“. Der Verlag Benedikt Taschen hält ein vormals mit 1000 Euro gehandeltes Buch in einer Volksausgabe zugänglich. Unser Science Fiction-Experte Markus Pohlmeyer hat es sich angeschaut.

Manche Bücher sind ein Ereignis – so wie dieser Band: vom Design und vom Gewicht her seine eigene Klasse! In der Form dem berühmten Monolithen nachempfunden, wirkt schon die Bildfolge des Schubers wie eine Zusammenfassung des Films (und wie ein Hinweise auf das zentrale Motiv des Kreises und des Kreisens, der Bewegung): Urmensch und Monolith; Raumstation; HALs Auge; Erde, Sonne und ein Astronaut.

Der schwarz gehaltene Band – mit vielen Faltmöglichkeiten (Lassen Sie sich überraschen!) – hat reliefartige Oberflächenzeichnungen, deren Funktion unter „EYE NOTES“ erklärt werden. 562 Seiten schaffen Hochachtung und Bewunderung vor Kubricks Perfektionismus und der Leistung seines Teams. od1

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(Alternative) Entwürfe, Bilder vom Set, Filmszenen und Modelle lassen erahnen, was sich hinter diesem Meisterwerk verbirgt, dass heute, nach 50 Jahren, immer noch zeitlos wirkt. Ab Seite 202 sind beispielsweise die Originalbauten der Discovery-Zentrifuge zu bewundern. Aufklappbare Bilder zeigen Raumschiffe und Raumstationen. Ein beeindruckendes Gemälde von O. Rennert (S. 267-269) veranschaulicht: „how the various interior sets for the Discovery would fit in to the habitation sphere if the ship were constructed at full scale.“[1] Spannend auch das Projektionsverfahren mit Ur-Mensch vor Knochenhaufen in afrikanischer Savanne![2] (Dazu phantastische Naturbilder!) Zum Genießen die verschiedenen Filmplakate (ab Seite 430). Hilfreich zum Schluss eine Filmsynopse (549-555), welche durch die Handlung führt und auch Dialogpassagen bietet. Und alles natürlich mit informativen Begleittexten. Ein kleines Literaturverzeichnis rundet dieses dokumentarische Monument ab. Fast unscheinbar, auf der letzten Seite, unter „EYE NOTES“, wird kurz das ästhetische Design beschrieben: „Transformational geometric themes within 2001: A Space Odyssey are captured and blended in a human eye […].“[3]

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Dieses Buch hilft, die visuell anspruchsvolle Kosmopoetik[4] Kubricks und die unkonventionelle HAndLung des Films gerade auch durch sein making of besser zu verstehen. Jener (besessene?) Perfektionismus, der die erzählte Welt detailreich erschafft und alles in ihr so selbstverständlich wirken lässt, wie Alf Mayer in einem Gespräch bemerkte, macht diesen Film zu einer realen Möglichkeit der Zukunft – mit offenen Rändern in Richtung Vergangenheit und Ewigkeit.

Und der berühmte Schluss? Ein filmisches Gedicht: Schöpfung, Raum und Zeit zu visualisieren; Grenzen sichtbar zu machen, indem wir uns schon längst nicht mehr vor, sondern uns dahinter befinden; ein verstörender Bildzauber von dem, wie wir wissenschaftlich unser Wissen vom Universum erweitern und dieses dabei immer schöner, faszinierender und noch unvorstellbarer wird und sich dabei uns immer mehr entzieht, gleich dem schwarzen Monolithen, der den Astronauten in ein beschleunigtes Sterben treibt, nur um ihn wieder auferstehen zu lassen. Das sind wir, was die Sterne mit uns machen: Metamorphosen jenes Wesens, welches nicht nur Knochen und Atombomben als Waffen gebraucht, sondern auch Raumschiffe bauen kann, um zu entdecken. Film und Buch sind künstlerischer Ausdruck kosmischer Träume.

Meine Empfehlung (Variation eines berühmtes Augustinus-Zitats[5]): Nimm und lies! Nimm, schau und staune!

Markus Pohlmeyer lehrt an der Europa-Universität Flensburg

Piers Bizony: The Making of Stanley Kubrick’s 2001: A Space Odyssey. Verlag Benedikt Taschen, Köln 2015. Hardcover, Schweizer Broschur, Format 16,9 x 37,8 cm, 562 Seiten, 60 Euro. Verlagsinformationen hier.

[1] The Making of Stanley Kubrick’s 2001: A Space Odyssey, by P. Bizony, TASCHEN (2015), 265.
[2] 2001 (s. Anm. 1), 335-337.
[3] 2001 (s. Anm. 1), 562.
[4] Den Begriff entlehne ich Marc Aurel: Wege zu sich selbst, gr.-dt., hg. u. übers. v. R. Nickel, 2. Aufl., Düsseldorf – Zürich 1998, VII (75).
[5] Vgl. dazu Conf. 8,11 -12, z.B. Augustinus: Bekenntnisse. Zweisprachige Ausgabe a. d. Latein. v. J. Bernhart, Frankfurt am Main 1987.

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