Geschrieben am 15. September 2012 von für Crimemag

About Crime Fiction – Pick of the Week N° 12

Pick of the Week N° 12

– Seit Jahren bibliografiert, archiviert und kommentiert der Ehrenglauser-Preisträger Thomas Przybilka in seinem BoKAS (= Bonner Krimi-Archiv Sekundärliteratur) wissenschaftliche und publizistische Arbeiten aus aller Welt, die sich mit den unendlichen Facetten von Kriminalliteratur befassen. In unregelmäßig regelmäßigen Abständen erscheinen dann seine unschätzbar wertvollen Zusammenfassungen der aktuellen Sekundärliteratur, die jeder zur Kenntnis nehmen muss, der sich auch nur ein bisschen über seine Lieblingsliteratur kundig machen möchte. Ein solcher „Newsletter“ hat leicht einmal 160 bis 200 Seiten; deswegen empfiehlt CrimeMag jede Woche ein paar Titel aus dieser Fülle, die uns besonders bemerkenswert erscheinen.

Aspern, Franziska von/ Marks, Bodo: Spurensuche

Krimis und Thriller, in denen PathologInnen, forensische AnthropologInnen oder RechtsmedizinerIinnen die Hauptrolle bei Ermittlungen übernehmen, sind seit einigen Jahren äußerst beliebt. In den USA und Kanada sägen und schnippeln die Damen Kay Scarpetta (Cornwell), Tempe Brennan (Reichs) oder Dr. Maura Isles (Gerritsen), in England ist der Rechtsmediziner Dr. David Hunter (Beckett) – nomen est omen – auf Aufklärungsjagd, und in Deutschland arbeitet Leonie Simon (Kampmann) in der Hamburger Rechtsmedizin. Wie es nun wirklich in einem rechtsmedizinischen Institut aussieht und zugeht, schildert Franziska von Aspern in „Spurensuche“. Der Fotograf Bodo Marks illustriert mit eindrucksvollen und aussagekräftigen Fotos die Texte. Beide hatten die Gelegenheit, Einblicke in das rechtsmedizinische Institut der Universitätsklinik Hamburg zu nehmen, mit unterschiedlichen Mitarbeitern zu sprechen und ihnen bei ihrer Arbeit über die Schulter blicken zu dürfen. Der Institutsdirektor, Sektionsassistenten, DNA-Experten und ein Kriminalkommissar kommen zu Wort und stellen ihre Arbeit vor. Dieser Text-Bild-Band zeigt auf anschauliche Weise, wie es im Obduktionssaal oder in den forensischen Laboren wirklich zugeht. Für Leser entsprechender Krimis oder Thriller ist „Spurensuche“ mit seinen 28 kurzen Kapiteln und den entsprechenden Fotografien herzlich zu empfehlen.

Franziska von Aspern studierte in Hamburg Kommunikationsdesign und arbeitet seit 1980 als freiberufliche Illustratorin und Autorin von Sachbüchern. Diverse Ausstellungen, darunter eine Sonderausstellung medizinischer Illustrationen im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. 1987 und 2001 wurde sie mit dem Preis „Schönste Bücher“ der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet.

Bodo Marks lebt nach mehreren Auslandsaufenthalten wieder in Hamburg und ist dort als Fotojournalist freiberuflich für die Deutsche Presse Agentur tätig. Außerdem realisiert er eigene Reportageprojekte im In- und Ausland, u. a. „Gekentert im Plastikmeer“ (2008), das die prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen von Immigranten im südspanischen Gemüseanbaugebiet Almeria zeigt.

Aspern, Franziska von (Text) / Marks, Bodo (Fotografien): Spurensuche. Einblicke in die Arbeit der Rechtsmedizin. Militzke Verlag 2012. 101 Seiten. 100 Farbfotos. 3-86189-850-0 / 978-3-86189-850-4. 19,99 Euro.

Sbardellati, John: J. Edgar Hoover Goes to the Movies

Hollywood kannte nicht nur Regisseure und Filmemacher, die den Zuschauern eine Traumwelt vorführen wollten, sondern auch solche, die das Medium Film nutzten, um auf soziale Probleme aufmerksam zu machen, gesellschaftliche Klassenunterschiede anzuprangern oder den „American Way of Life“ nicht zu verhübschen, sondern ihn so darzustellen, wie er in Wirklichkeit war. Solche Regisseure und Filmemacher waren dem mächtigsten Mann der USA ein Dorn im Auge. Zwischen 1942 und 1958 ließ FBI-Chef J. Edgar Hoover die amerikanische Filmindustrie beobachten und bespitzeln. Seine Zuträger und Informanten, natürlich auch die G-Men des FBI, sahen sich nicht nur dienstlich die Filme an, sondern lasen auch die Drehbücher und verleumdeten dann Regisseure wie Frank Capra („It’s a Wonderful Life“, 1946). Damit bereitete das FBI nicht nur die Schlammschlachten und Anhörungen (un-American ideas and beliefs) des berühmt-berüchtigten Senators McCarthy vor, sondern legte auch, durch seine Unterstützung der politisch Rechten wie der „Motion Picture Alliance for the Preservation of American Ideals“, den Grundstein für „Hollywood’s Cold War“. Allein die Idee, dass Filme einen sozialen Wandel anschieben oder die nationale Sicherheit gefährden könnten war dem FIB-Chef solch ein Dorn im Auge, dass die Filmindustrie Hollywoods zu einem der wichtigsten inneramerikanischen Schlachtfelder wurde, um die Ideologie des „Kalten Krieges“ weltweit verbreiten zu können.

John Sbardellati ist Professor für Geschichte an der University of Waterloo.

Sbardellati, John: J. Edgar Hoover Goes to the Movies. The FBI and the Origins of Hollywood’s Cold War. Cornell University Press 2012. 264 Seiten. 10 s/w Fotos.  0-8014-5008-X / 978-0-8014-5008-2. 17,50 £.

Cannon, JoAnn: The Novel As Investigation

Kriminalromane sollen für die Leser spannend und unterhaltend sein. Aber gute Kriminalliteratur ist nicht nur Spannungslieferant und -garant, sondern kann auch wesentlich mehr: Hier können die Autoren über Schuld und Sühne oder Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit reflektieren. JoAnn Cannon analysiert in „The Novel As Investigation“ die Werke dreier berühmter italienischer Kriminalschriftsteller. Sie zeigt, wie diese bestimmte gesellschaftliche Missstände im Italien des späten 20. Jahrhunderts darstellen und wie die Protagonisten ihrer Krimis damit umzugehen verstehen. Cannon hat für Ihre Untersuchung die Autoren Sciascia, Maraini und Tabucchi ausgewählt: In Leonardo Sciascias Kriminalromanen werden oft Machtmissbrauch und Todesstrafe diskutiert, Dacia Maraini fokussiert sich in ihren Krimis auf Gewalt gegen Frauen, und Antonio Tabucchi thematisiert Folter und oftmals Brutalität und Übergriffe der Polizei.

•Inhalt: The Power oif the Pen in Leonardo Sciascia’s „Porte aperte“ / The Death of the Detective in „Il cavaliere e la morte“ / In Search of Isolina / „Voci“ and the Conventions of the „Giallo“ / Ethics and Literature in „Sostiene Pereira. Una testimonianza“ / Detection, Activism and Writing in „La testa perduta di Damasceno Monteiro“.

Cannon, JoAnn: The Novel As Investigation. Leonardo Sciascia, Dacia Maraini, and Antonio Tabucchi. University of Toronto Press (Toronto Italian Studies) 2006. 144 Seiten. 0-8020-9114-8 / 978-0-8020-9114-7.  59,00 $.

Thomas Przybilka

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