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Sprachverlust 3 oder „Why I Write“   Brigitte Helbling über Sprachverlust, Renitenz, Kulturwechsel, Englisch und „Hochdeutsch“ – und über die Lust des „writers“, Worte auf dem Papier herumzuschieben (Joan Didion).   Hin und wieder frage ich mich, ob ich auf Englisch schreiben sollte. Die potentielle Leserschaft wäre wesentlich größer, die schriftstellerische Konkurrenz allerdings auch. Und warum sollte ich mich nicht auf sie einlassen? Auf Englisch würde ich innovativ und mutig und unvergleichlich relevanter daherkommen als auf Deutsch, eine Sprache, die sich vor allem dazu eignet, Landschaften zu beschreiben. Und Innenräume.Read More
„Über Natur zu schreiben, ist heute politisch“ Judith Schalanskys „Verzeichnis der Verluste“ hat Alf Mayer im Teil Eins unseres großen Verlust-Specials besprochen, hier nebenan im Verlust DUE porträtiert er die von ihr herausgegebene Reihe Naturkunden. Für das folgende E-Mail-Interview stand die Schriftstellerin, Herausgeberin und Buchgestalterin während ihrer Lesereise für das neue Buch  ganz unkompliziert Rede und Antwort. Frage: Robert Marfarlanes „Die verlorenen Wörter“ sind Band 49 der Reihe Naturkunden. Ist Band 50 noch ein Geheimnis, oder können wir schon den Titel und das Erscheinungsdatum erfahren? Judith Schalansky: Es wird Jutta Persons Portrait der Korallen sein. DieRead More
Anke Feuchtenberger: Rabbit Fiend zum Vergrößern: Doppelklicken   Seit 1997 lebt Anke Feuchtenberger in Hamburg, wo sie als Professorin an der Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften im Fachbereich Gestaltung unterrichtet. Ihre Arbeiten sind international bekannt aus zahlreichen Veröffentlichungen und Ausstellungen. Einige ihrer Bücher sind bereits in französischer, englischer, italienischer und chinesischer Sprache übersetzt worden. Letzte größere Arbeit: Der Altar „Tracht und Bleiche“ für das LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster. Ihre Webpräsenz feuchtenbergerowa. Ihr grafischer Essay „Der singende Maulwurf“ bei CulturMag hier. Weitere CulturMag-Besprechungen ihrer Arbeit hier.Read More
Derek Raymond – Poe, Kafka und Pulp von Thomas Wörtche Der Kosmos von Derek Raymond scheint nicht von dieser Welt, aber er beschreibt sie äußerst präzise. Ein graues Zwischenreich, in dem der Wind den Regen durch die dreckigen Straßen peitscht und die Sonne höchstens befremdliche Effekte zu erzielen vermag. Die Factory-Romane Derek Raymonds sind düstere Visionen aus den verborgensten Winkeln der menschlichen Seele und skalpellscharfe Analysen der Verhältnisse in einem Großbritannien, das einer riesigen Müllhalde ähnlicher ist als dem einst glänzenden Empire. Das Paris von Nightmare in the Street istRead More
Der kultivierte Cyborg, der unsterbliche Popstar und die lebende Wand des Wallpaper-TV Der Cyborg, das elektronisch­organische Mischwesen aus Mensch und Maschine, ist keine Zukunftsmusik mehr. Er ist auf der Ebene der Mechanik und der Chemie (1) so real wie auf der Ebene von Geist, Wahr­nehmung und Intelligenz. Wir sind die Cyborgs. Aber nicht das ist der Skandal. Aus dem Kino wissen wir, dass man mit dem Cyborg-­Status durchaus leben kann, eine entsprechende Kultur und ein entsprechen­der Auftrag vorausgesetzt. (Denn anders als bei einem »fleischlichen« Menschen, der einfach da ist, gibtRead More
Man lebt nur zweimal Von Bodo V. Hechelhammer Der Film beginnt mit einer Beerdigung. Eine kleine Trauergemeinde nimmt still in einer Kirche Abschied. Auf einem aufgebahrten und mit einem Tuch verhüllten Sarg erkennt man die Initialen »J.B.« und führen den Zuschauer damit bewusst zunächst in eine falsche Richtung, wer denn hier verstorben sein soll. Denn der Geheimagent, auf den die Initialen passen würden, befindet sich unter den Trauernden und beobachtete von einer Galerie diese Szene. So beginnt »Thunderball«, der unter der Regie von Terence Young (1915 – 1994) gedrehte JamesRead More
  The Disappearing Newsroom  Wallace Stroby on Copy Boys, Night Shifts, and the End of an Era In the documentary The Typewriter, The Rifle, & the Movie Camera, writer/director Sam Fuller recalls the first time he ever walked into a newsroom. It was 1924, he was 12, and the newspaper was the now-long-defunct New York Evening Journal on Manhattan’s famed Park Row. “The noise was loud,” Fuller remembers. “Generally telephones ringing and, of course, typewriters clacking. And every once in a while I’d hear ‘Copy! Copy boy! Copy!’ I’d look around, and I’dRead More
 … So when the music’s over … So when the music’s over When the music’s over, yeah When the music’s over Turn out the lights Turn out the lights Turn out the lights Well, the music is your special friend Dance on fire as it intends Music is your only friend Until the end Until the end Until the end  (The Doors / Strange Days) Bei jeder Reise, jeder Rückkehr nach Mississippi kommt sie zurück:  die Wehmut, die Erinnerung an einen einzigartigen Bluesmusiker, an L.C.Ulmer. Meine erste Begegnung mit L.C.UlmerRead More
Willkommen zu unserem Verlust-Special UNO. Verlust ist überall. Er bestimmt uns mehr, als wir wissen (wollen). Wir selbst und die Kultur sind voll des Verlorenen. Zugespitzt lässt sich sagen: Kultur ist Umgang mit Verlust. Und wenn wir lieben, trauern wir auch, „that’s the deal“, betont gerade – absichtsvoll öffentlich – Nick Cave in seinen „Red Hand Files“. Die Idee zu diesem Verlust-Special war ein kleines Korn, entwickelte sich dann immer zwingender. Und breiter. Wir haben das Special zweigeteilt, lesen Sie hier nun die Beiträge unseres Verlust UNO, Anfang Dezember folgt dannRead More
Verlust des Verlustes Eine hauntologische Grille – von Georg Seeßlen                                                                  I Unser Denken entsteht aus Unterscheidungen (Tag/Nacht, Lebendig/Tot, Rau/Glatt, Flüssig/Fest usw.) und unser Leben entsteht aus Trennungen (Mutter/Kind, Ich/Welt, Lust/Pflicht, Realität/Magie usw.). Jede Unterscheidung und jede Trennung ist zugleich Gewinn und Verlust. Etwas muss da immer abhanden kommen, aber wo geht es hin? Verlust ist nur spürbar, weil etwas nicht einfach weg ist. Der Kopf und die Kultur sind voll vom Verlorenen. Der Segen und das Verhängnis des Menschen: Dass er aus dem Verlust eine Produktivkraft gemacht hat.  KulturRead More
Elf Dörfer entfernt Leg die weißen Gladiolen nieder in jener Mulde der Zeit, in der sich im kühlen Zimmer die Nachbarn drängten wie dunkle Boote am Abend des Sturms. Sein Körper lag noch im Bett: doch er war schon seit Stunden nicht mehr der Mann, der Bretter zu Fässern bog, der seinen Sohn verlor im Krieg und seine Tochter an einen Heimatlosen. Nicht mehr der Mann, zu dem die Katze zurückfand, die er ausgesetzt hatte, elf Dörfer entfernt. Einst hielt er dich auf dem Arm: dachtest du. Aber er stand,Read More
“Winning you was easy, but darkness was the price” Schöner sterben mit Leonard. Für Thomas Wörtche – und gewiss nicht nur für ihn – ist Leonard Cohen sozusagen der Schutzpatron des Verlustes. So viel Trost und  Wissen und Lehre in seinen Songs und Worten, in dieser Musik. Im Grunde seit „So long, Marianne“ (1967). “I´ve grown old/in a hundred ways/but my heart is young/& still it plays/on the theme of Love/and the theme of death” (Notebooks – 19-20) Der Verlust des eigenen Lebens ist, egal, wie man dazu steht, ein gravierendesRead More
  Nicht zurückholen, aber erfahrbar machen Alf Mayer über das „Verzeichnis einiger Verluste“ von Judith Schalansky Handschmeichlerisch fühlt dieses Buch sich an, die Anmutung wie ein Stück fein bemooster Marmor oder Schiefer, doch deutlich leichter, längst nicht so schwer, die Farbe ein nach oben von Grau ins Schwarz verlaufendes Moiré, die Schrift Silber. Ein wenig wie eine Grabplatte, aber ohne deren Trauer. Tatsächlich ist es ein seltsam heiteres, ein seltsam elegisches Buch – schön oft bis an die Schmerzgrenze. Eine Gegenrezeptur fürs Zeitalter des schnellen Vergessens. Was interessiert noch etwas von Vorgestern? AberRead More
Subutex und Millenial im Paradise Lost von Ute Cohen Dritter Band. Er stirbt. Mit Vernon Subutex’ Tod versiegt auch jede Hoffnung auf Versöhnung in einer Gesellschaft, in der kein Mensch Kontrolle über sein Leben hat, einer Gesellschaft, in der jeder auf seine Weise trügerischen Hoffnungen erliegt, einer Gesellschaft, in der das Paradies längst verloren ist. Dass der esoterische Klang des zweiten Bandes von Virginie Despentes Trilogie in einer bombastischen Endzeitvision enden würde, wird wohl kaum jemanden verwundern. You want it darker? Despentes killt die letzte Flamme oxytocinverzückter Jünger, lässt dasRead More
Verlieren sortieren? Hazel Rosenstrauch über einen arg vermissten Menschenschlag: die Weltverbesserer der alten Art Den Verlust von Schlüsseln, Geldbörsen, Liebhabern und Freundinnen könnte ich mit Sternchen à la Hotelqualität ordnen, dabei bekämen letztere 5 *****. Sobald es um den Tod lieber Menschen geht, versagt diese Ordnung. Es gibt Verluste, für die ich, angelehnt an Stiftung Warentest, Noten erfinden könnte – 1 – 5,5. Aber bevor ich darüber nachdenke, was mir alles gestohlen bleiben kann, erinnere ich mich an eine Weltsicht, die es nicht mehr gibt und deren Verlust mir gelegentlichRead More
Expect the unexpected Isabella Thermes about mourning her parents and finding solace in her work Arthur Sinclair, the protagonist of my graphic novel, made his first appearance on page in the summer of 2014. Back then, I made the decision and the bold move of leaving London, my home of 11 years and the place where I ultimately had a lot of fun working as a literary agent, to venture to Berlin. That summer marked the beginning of a long „sabbatical“ that I used to outline this project, learn German andRead More
Väter und Mütter  – und was man mit ihnen verliert Verlust oder auch die Angst davor sind das Triebmittel fast aller Bücher, besieht man es sich näher. Frank Schorneck bespricht für uns zwei davon: „Töchter“ von Lucy Fricke und  „Anmut und Feigheit“ von Frank Schulz. I. Im Namen der Väter Eine nicht mehr ganz so junge Frau streift durch Rom, ihr eigentliches Ziel ist ein kleines Städtchen in den Bergen, ganz genau: ein Grab in diesem Ort. Seit zehn Jahren hat sich Betty vorgenommen, dieses Grab zu besuchen, da wird es aufRead More
1. Der Unfall Er hätte tot sein können. Eine Baustelle auf der Landstraße. Eine mobile Ampel auf Rot. Ein wartender Lastwagen. Nebel. Der Wagen traf mit der rechten Seite ungebremst auf den Lastwagen, ein Kotflügel löste sich sofort – Lack und winzige Metallteile stoben in den Nebel hinein und erinnerten im Widerschein des flackernden Rücklichts für einen Sekundenbruchteil an festlichen Zauber –, krachte gegen eine Leitplanke, überschlug sich, flog an dem etwas nach vorne geschobenen Lastwagen vorbei, drehte sich um die eigene Achse, schlitterte über die Straße, wobei die Fahrertür anRead More
Bauarbeiten Wenn die Welt unser Haus ist, müssen wir sie wie ein Haus erhalten, Schäden beheben, vorsorgen, Konflikte konstruktiv lösen. Es ist eine Metapher, die Hoffnung, Sorgen und Nöte verdeutlicht. Die Hoffnung, Gesellschaft gemeinsam zu machen, so gerecht und ausgewogen, dass sie für uns alle ein gut bewohnbarer Lebensraum sein könnte: ein Haus für alle. Die Sorge, dass wir Menschen der Welt, unserem Haus, längst irreparable Schäden zugefügt haben durch Raubbau an der Natur. Das Dach ist leck, die Mauern morsch. Was tun? Die Not der Umstände, dass unser HausRead More
Treppen Nebenan im Treppenhaus wohnt diese schöne Transe, mit der ich vor knapp zwanzig Jahren mal auf einer Tanzfläche geknutscht habe. Er ist eine wirklich schöne Transe, so schillernd, wie man sie selten sieht. Er ist fast zwei Meter groß, hat breite Schultern und schmale Hüften, lange Beine und sogar eine Art Taille. Die kurzen Haare sind platinblond gefärbt, sie haben die gleiche Farbe wie seine Perlenketten, er trägt meistens hellgraue Kleider und silberne Schuhe, und seine Hände sind elegant geschnitten wie Frauenhände und gleichzeitig groß und stark wie Männerhände.Read More

Posted On August 1, 2018By Anne GoldmannIn Litmag, News, Specials, Story-Special 2018

Story: Anne Goldmann: Dunkle Ecken

Dach Wenn das Haus fertig ist, sagt Eske, kommt der Tod. Hinter mir fährt die Schaufel knirschend in den Sand, rumpelt die Mischmaschine. Hinter ihr stehen die Söhne auf dem Gerüst vor dem Zubau. Nichts bleibt, wie es ist. Wieder rennen Kinder kreischend den Zaun entlang, der unsere Gärten trennt. Seit Jahren warte ich auf ein Wunder. Ich hasse das dumpfe Dröhnen des Stemmeisens, das ohne Not neue Wunden in die Wände schlägt und sie zum Zittern bringt, das Gebrüll des Bautrockners, den Zementgeruch feuchten Betons. Dann stapeln sich FarbeimerRead More

Posted On Juli 21, 2018By Redaktion CMIn Allgemein, Editorial, Litmag, News, ReiseMag 2018, Specials

Editorial ReiseMag 2018

Editorial „Wir lesen, um uns Gedanken und Wissen anzueignen; Reisen ist ein Buch, das der Schöpfer selbst geschrieben hat, und es enthält höhere Weisheit als das gedruckte Wort des Menschen.“ Mary Shelley schrieb das auf einem ihrer Streifzüge durch Deutschland und Italien, 1842. Dieses ReiseMag kommt dreigleisig zu Ihnen. Zum einen versammelt es eine Galerie von Reisetexten, die mindestens hundert Jahre alt sind, und in vielem eben aufmerksamer als die heutige „Sharing“-Kultur. Zum anderen gibt es Einblicke „backstage“: die Lehrjahre einer Reiseschriftstellerin, ein Reisetagebuch, Porträts von Reiseautoren und eines Verlagshauses: derRead More

Posted On Juli 21, 2018By Frank GoehreIn Litmag, News, ReiseMag 2018, Specials

Frank Göhre über Raymond Roussel

  Der lang ersehnte Weg ins Paranoide   von Frank Göhre Vor 85 Jahren, in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli 1933, verstarb im „Grand Hôtel et Des Palmes“ in Palermo der französische Wortspieler, Erfinder und Weltreisende Raymond Roussel. Frank Göhre, Krimi-Autor, Drehbuchschreiber und hochgeschätzter Culturmag-Mitarbeiter, berichtet über diesen sehr besonderen Reisenden.   „Er weist uns den langersehnten Weg ins Paranoide.“ (Salvador Dali) Er ist ein gut aussehender Mann Ende Vierzig. Ein schlanker Mann mit vollem Haar und sorgfältig gestutzten Schnäuzer. Zu einer weit geschnittenen grau in grauRead More
  Um ehrlich zu sein… von Petra Reski   Um ehrlich zu sein: Die meisten von ihnen hielt ich für Kotzbrocken. Neulich habe ich nach langer Zeit wieder an sie gedacht, an die Starautorenriege, die Korrespondentenkoryphäen und die Ressortleiter, auf deren gramgebeugten Schultern die Last der westlichen Hemisphäre ruhte. An die Kriegsreporter, die nach jeder Rückkehr von der Pfütze berichteten, in die sie sich verdurstend geworfen hatten. Monumente des Journalismus. Mir war es scheißegal, dass sie den Nationalsozialismus, Vietnam und die Hitler-Tagebücher überlebt hatten. Ich wollte nur schreiben. Ich hatteRead More

Posted On Juli 21, 2018By Anke FeuchtenbergerIn Litmag, News, ReiseMag 2018, Specials

Anke Feuchtenberger: Der singende Maulwurf

    Der singende Maulwurf von Anke Feuchtenberger   Der singende Maulwurf ist ein grafischer Essay, der 2011 während eines Aufenthalts in der Villa Massimo in Rom entstand. Die Residenz der Künstlerin und Comic-Zeichnerin in Rom wurde ermöglicht vom Goethe-Institut Italien. Mehr über Anke Feuchtenberger findet sich auf ihrer Wikipedia-Seite. Am 1. September eröffnet „Tracht und Bleiche“, eine Altararbeit der Künstlerin für das LWL Museum in Münster.            Read More
  Elke Auer NEW YORK I feel you // NEW YORK Field View   Alle Bilder wurden im Februar, März und April 2017, von Elke Auer während eines dreimonatigen Aufenthalts in New York, im Rahmen eines vom Bundeskanzleramt Österreich ermöglichten Stipendiums für künstlerische Fotografie, aufgenommen. Alle bis auf das Foto des New York Times Artikels mit dem Titel „Manhood in the Age of Trump” das von Toni Kochensparger gemacht wurde. Toni Kochensparger ist eine in New York lebende Poetin und Performerin aus Ohio und gemeinsam haben die Künstlerinnen Anfang JuliRead More