Posted On Februar 11, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Ein Buch wie eine Landschaft Annie Proulx’ Prosa fasziniert einerseits durch eine Sinnlichkeit, mit der die Landschaft und die Menschen des Panhandle wie in einem Cinemascope-Film am inneren Auge des Lesers vorbeiziehen. Bei aller Bildmächtigkeit fehlt es dem Roman andererseits jedoch über die lange Strecke von über 500 Seiten eindeutig an Spannkraft und psychologischer Dynamik. Das Panhandle ist ein schier endloser, karger Landstrich im Dreiländereck von Texas, Oklahoma und New Mexiko. Die Luft ist hier „von wildem Beifuß und aromatischen Sumach gewürzt“, die Landschaft von knarrenden Windrädern, Getreidesilos, Kühen und
Read More Posted On Februar 11, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Leben auf der Überholspur Ronald „Blacky“ Miehling kann auf eine rasante Karriere als Drogenschmuggler zurückblicken – tonnenweise schleuste er seit Ende der 80er Jahre Koks nach Deutschland. 1996 wurde er dafür zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Zusammen mit Helge Timmerberg, der unter anderem für „Stern“, „Die Zeit“ oder „Merian“ brillante Reisereportagen liefert, erzählt Ronald Miehling in Schneekönig aus seinem abenteuerlichen Leben als Drogenboss Als Sohn eines Polizisten in miefiger Spießeratmosphäre aufgewachsen, zieht es Ronald Miehling Anfang der 70er auf den Hamburger Kiez, wo er sich schnell einlebt: „Meine Lehrzeit als
Read More Posted On Februar 11, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Zauberhafte Reise zum Smarties-Planeten Berührend erzählt Aldo Nove vom schwierigen Erwachsenwerden in unübersichtlichen Zeiten Die Kindheit ist ein buntes Zauberreich, in dem sich die Zeit auf geradezu magische Weise bis ins Endlose auszudehnen scheint. Doch mit den Jahren zeigt die Zeit ihre scharfen Zähne und entpuppt sich als „ein Krokodil, dass die Leute auffrisst, sobald sie erwachsen sind“. Mit ungeheurem Einfühlungsvermögen erzählt Aldo Nove in „Amore mio infinito“ eine Geschichte vom Erwachsenwerden, vom schwierigen Abstieg aus dem Reich der Wunder und Träume in jenes der Notwendigkeiten und der Hektik, in
Read More Posted On Februar 11, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Explosiver Berlin-Cocktail Auch André Kubiczek legt kein „Berlin Alexanderplatz II“ vor, bietet aber einen hochvergnüglichen Streifzug durch die Gemenge- und Gemütslagen der Hauptstadt. Seit der Wiedervereinigung warten Kritik und Leserschaft brennend auf den großen Berlinroman, der durch die neue Unübersichtlichkeit dieser brodelnden, von Medien-Mythen verhüllten Metropole führt und den tausendstimmigen Zeitgeist zwischen den Jahrtausenden spürbar macht. Nachdem André Kubiczek in seinem Debüt „Junge Talente“ (2002) den Weg seines Helden Less aus der ostdeutschen Provinz in die Boheme und Subkultur Berlins beschrieben hat, ist sein neuer Roman nun ganz und gar
Read More Posted On Februar 6, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag
Schatten der Sehnsucht So ist Jahnns Leben und Schreiben letztlich ein großes „Trotzdem“ eingewirkt, das den Oszillationen des tragischen Natur- und Menschenschauspiels widersteht und dem oftmals konstatierten „Es ist wie es ist. Und es ist fürchterlich“ das unerschrockene „Bis zum letzten wollen wir uns aber widersetzen“ zur Seite stellt. „Ich war ein Schatten der Sehnsucht. Ein Sterbender, der noch auf Genesung hofft. Ein Gelangweilter, der in den Abgrund der ausgebrannten Hölle starrt.“ Wie ein schroffes, unzugängliches Felsengebirge steht Hans Henny Jahnns „Fluss ohne Ufer“ in der deutschen Literaturlandschaft. Voller Argwohn
Read More Großes Emotions- und Katastrophenkino John Griesemers Rausch ist ein unterhaltsamer Historienroman über den Beginn des Kommunikationszeitalters, aber keine literarische Sensation. 1857. In einer Zeit, in der es weder Satellitenschüsseln noch Handys gab, in der man nicht einfach zum Hörer greifen oder eine E-Mail schreiben konnte, um einen Freund in Übersee zu erreichen, versuchte eine Hand voll mutiger, innovativer und geschäftstüchtiger Männer ein Kabel quer durch den Atlantik zu legen, von Irland nach Neufundland, von der alten in die neue Welt: Der Beginn des Zeitalters der globalen Kommunikation, die Geburtswehen der
Read More Von Thomas Wörtche, 03.03.2001 Den täglichen Irrsinn kann man nicht mehr einzeln kommentieren. Also bleibt – according to Luhmann – nur der Griff zur Struktur. Heute zu der, die – according to Dieter Krebs, dem Großen – „dann entfällt auch das Ficken“ heisst. Denn obwohl uns unsere schicken Wochenblätter seit geraumer Zeit mit Partnerdebakel-Stories quälen, hat sich noch niemand getraut, dem Elend auf den Grund zu gehen. Das Elend ist nämlich schon ein gutes Dezennium alt und wurzelt im mächtigsten aller Medien, im Werbefernseh. Dort weiss man natürlich auch, dass
Read More Von Thomas Wörtche, 14.01.2001 Ewald Spengler und Bodo Strauss haben ja recht: Das Abendland steht knapp vor dem Untergang. Deutschland, das reichste und wirtschaftlich stärkste Land Europas beschäftigt sich bloss noch mit der Scheidung von Ben und Meret Becker und damit, ob’s in Amerika teurer ist. In der Zeitung grübelt man darüber, ob der Fussballtrainer Uli Hoeness Morphium nur zum Privatgebrauch inhaliert hat oder ob die neue Erziehungsministerin Beate Kühn-Ast den Verbraucher wirklich vor dem Ökobauerntum schützen kann. Ausserdem empören wir uns darüber, dass Vox 7 eine Millionärin bestochen hat
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