Ein verwirrendes Projekt TW reibt sich die Augen „Brazilian Psycho“ von Joe Thomas hat zwar mit „American Psycho“ weder formal noch inhaltlich zu tun, bewegt sich aber dennoch auf literarisch vorgeprägtem Terrain: Erzählungen über die soziopolitischen Zustände des heutigen Brasiliens, so wie wir es auch von Rubem Fonseca, Paulo Lins, Patrícia Melo oder den Filmen um die „Tropa de Elite“ kennen. Diese meisterhaften Narrative allerdings stehen „Brazilian Psycho“ massiv im Weg. Auf fast 650 Seiten zieht der Brite Joe Thomas am Beispiel São Paulo ein Riesenpanorama auf: Er beschreibt die
Read More Und wasche ab unsere Schuld … Hat Samuel W. Gailey mit „Die Schuld“ einen noir théoligique vorgelegt? Thomas Wörtche grübelt … “Die Schuld”, die dem Roman von Samuel W. Gailey den Titel verleiht, gibt sich Alice O´Farrell, die als 15jähriges Mädchen nicht richtig auf ihren kleinen, nervigen Bruder Jason aufpasst. Jason schließt sich im Wäschetrockner ein und kommt so zu Tode. Alice kann sich das nicht verzeihen, läuft von zuhause weg, fängt an zu trinken, lebt auf der Straße, wird kleinkriminell und schlägt sich schließlich jahrelang mit miesen Jobs in
Read More Tiefenbohrung In „Eingefroren“ buddelt Doug Johnstone tief, aber er hebt keine Gräber aus, sondern gräbt in den Seelen seiner Figuren. Eine Besprechung von Thomas Wörtche. „Eingefroren“, der neue Roman des schottischen Schriftstellers Doug Johnstone, ist die Fortsetzung seines Titels „Eingeäschert“. Johnstone erzählt hier die Geschichte der drei Skelf- Frauen fort. Großmutter Dorothy Skelf, ihre Tochter Jenny und deren Tochter Hannah. Das Trio betreibt ein Bestattungsunternehmen in Edinburgh und gleichzeitig eine Privatdetektei. Das ist eine schräge Kombination – und ziemlich schräg beginnt auch dieser Roman: Während einer Beerdigung kachelt ein Auto, von
Read More Mein Jahresrückblick 2023 Problemwort des Jahres: „… aber“ Horror & Grusel: Putin, Hamas – dagegen reicht´s bei F. Merz und B. Höcke nur zum petit Gruselchen. Fassungslosigkeit? Leider nicht – der tägliche Antisemitismus, der mehr oder weniger subkutan immer da war in diesem unserem Lande, wagt sich zunehmend aus der Deckung, man hat es geahnt. Von wegen jetzt plötzlich -huch-„importierter Antisemitismus“ (ja, den gibt´s auch). Scheußlich. Gewässer, in der Reihenfolge ihres Auftretens: Ostsee – Rotes Meer -Nil – Ilm – Rhein – Ägäis – Main – Elbe. Kein Wunder, dass ich mich manchmal
Read More Fieses Konzentrat Zu den im deutschsprachigen Raum sträflich übersehenen Autoren des Noir gehört Pascal Garnier (1949 – 2010), der in Frankreich und dem UK eine etablierte Größe war. „Der Beifahrer“ aus dem Jahr 1997, mit dem Wiener Septime Verlag eine Garnier-Edition startet, ist ein schönes Beispiel für seine prägnante und virtuose Erzählkunst. Fabien und Sylvie führen eine schal gewordene Ehe. Sylvie stirbt bei einem Autounfall. Ebenfalls tot im Wrack ihr Beifahrer, der auch ihr Lover war. Fabien ist mäßig erschüttert. Mehr interessiert ihn, dass dieser Beifahrer eine Witwe hinterlässt, Martine.
Read More Dinge in Bewegung, alte Zuschreibungen funktionieren nicht mehr – Eine Glosse Manchmal taucht sie völlig unverhofft auf: Die Sinnfrage. Diesmal auf der Frankfurter Buchmesse, als ein geschätzter Kollege eines geschätzten Verlages nach dem üblichen Business-Talk leicht umwölkten Blicks fragte: „Sagen Sie mal, stellt sich Ihnen in letzter Zeit auch manchmal die Sinnfrage?“ Ummpffff. Auf Transzendenz und Metaphysik war ich jetzt an dieser Stelle nicht so recht eingestellt, aber darum ging es dann doch letztendlich nicht. Naja, meinte er sinngemäß, wir haben ca. 85 Millionen Einwohner, und für richtig gute Bücher
Read More Spione auf hoher See Patrick O’Brians Aubrey/Maturin-Romane sind alles andere als schlichte Krawumm-Schmöker von Thomas Wörtche. Der Kampa-Verlag startet gerade eine Neuauflage der 20 Romane (plus ein Fragment, siehe Anm. unten) von Patrick O’Brian, die weiland in der „Ullstein Maritim“-Reihe erschienen waren. Peter Weirs Verfilmung von „Master and Commander“ war damals Ende 2003 Anlass für TW, auf einen großen Erzähler hinzuweisen. Das ist heute umso dringlicher. Patrick O’Brian: Master und Commander. Das erste Abenteuer für Aubrey und Maturin (Master and Commander, 1970). Übersetzt von Jutta Wannenmacher, 1995 zuerst als Kurs auf
Read More Melange aus Me-Too-Narrativen „Alles schweigt“, so heißt der neue, mächtig gehypte Roman von Jordan Harper. Man schweigt über das, was jedermann weiß, wie der Originaltitel „Everybody knows“ lautet. Man schweigt in Hollywood und Los Angeles über die Machenschaften sehr mächtiger, sehr reicher und sehr hemmungslos-gieriger Männer, die sich sehr junge, oft minderjährige Frauen und Männer zuführen lassen, um ihren perversesten sexuellen Trieben zu frönen. Ein Kordon aus Top-Anwälten, skrupelloser Security, korrupter Polizei, geschmierter Medien und „Spezialisten“, alle zusammen im Insider-Jargon „Das Ungeheuer“ genannt, schützt die Herren und ihre willigen Helferinnen. Wer
Read More Ein wundersam wucherndes Hybrid „Prophet“ heißt das literarische Debut des kalifornisch-irischen Autorinnentandems Sin Blaché und Helen Macdonald. „Prophet“ wird eine Substanz genannt, die Menschen befällt und deren nostalgischen Kindheitserinnerungen in materielle Objekte verwandelt. So taucht zum Beispiel irgendwo im ländlichen England aus dem Nichts ein originales American Diner aus den 1950er Jahren auf, inklusive roten Sitzbänken und Music-Box. Allerdings fallen auch im Umfeld solcher Ereignisse tote Menschen an. Grund genug, für die amerikanischen und englischen Geheimdienste, ihre besten Leute auf dieses ganz und gar unerklärliche Phänomen anzusetzen. Die Amis schicken
Read More Unheimlich präzise und die richtigen Fragen gestellt Thomas Wörtche über das neue Buch von Gianrico Carofolgio Ein vor Spannung und Action bebender Krimi ist „Groll“, das neue Buch des Juristen und Politikers Gianrico Carofiglio aus Bari, nicht gerade. Aber ein bemerkenswerter Roman. Wie geht das? Die Ausgangslage scheint klassisch: Die Ex-Staatsanwältin Penelope Spada schlägt sich in Mailand als Privatdetektivin ohne Lizenz, einsam und nur in Gesellschaft ihres Hundes Olivia, durchs Leben. Eine Klientin möchte den Tod ihres Vaters nach zwei Jahren noch einmal neu betrachtet wissen. War es tatsächlich ein
Read More „Diese Sendung ist kein Spiel: Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann“, so heißt der Film von Regina Schilling, der neulich für große Aufmerksamkeit sorgte. Schilling seziert in diesem brillanten Film-Essay die psychosozialen Befindlichkeiten Westdeutschlands, Österreichs und der Schweiz vor allem in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren. Mediengeschichte als Mentalitätsgeschichte also, Bilder als semantisches Material, mit denen eine Gesellschaft über sich selbst verhandelt. Tatsächlich war „Aktenzeichen XY ungelöst“ ein Dauerbrenner in deutsch-schweizer-österreichischen Wohnzimmern. Ich war bei Sendestart 1967 dreizehn Jahre alt, musste also nicht heimlich schauen. Wenn meine Eltern zugesehen haben, haben
Read More Wie einst neue Frauenbilder in die Populäre Kultur gebracht wurden Eine Zeitreise, natürlich mit Aktualitätsbezügen, von Thomas Wörtche Crepax, ja klar, „Valentina“, vielleicht noch „Die Geschichte der O“ als Graphic Novel, und für Spezialisten auch gerne den „Der Mann aus Harlem“ oder „Conte Dracula“ – aber „Bianca“, hmmm? Tröstlich, dass auch Pieke Biermann, die sich nun wirklich mit italienischer Kultur auskennt, in ihrer klugen Einleitung einräumt, „Bianca“ bisher nicht gekannt zu haben. Zudem ist auch sie ein bisschen unsicher, was es denn mit der Figur Bianca an und für sich und
Read More De mortuis nihil nisi … Sie wissen schon. Ich hatte mir auch wirklich fest vorgenommen, nichts zum just verblichenen Martin Walser anzumerken. Aber dann schlich sich doch eine bestimmte Erinnerung aus dem Langzeitgedächtnis nach vorne oder nach oben und wo immer sich die anscheinend nur anscheinend „erledigten Fälle“ ablagern und randalierte herum: „Dorle und Wolf“, eine eher längliche Novelle aus dem Jahr 1987, damals noch bei Suhrkamp erschienen. „Dorle und Wolf“ war der Versuch des Großliteraten, sich ums Genre zu bemühen und eine Art Polit-Thriller zu schreiben, direkt aus den Tiefen deutsch-deutscher Befindlichkeit
Read More Verwirrspiel mit Sarg Jose Dalisay ist einer der produktivsten, renommiertesten und gewichtigsten Autoren der Philippinen. Schon allein deshalb ist es begrüßenswert, dass der Berliner :transit-Verlag ihn mit seinem Roman „Last Call Manila“ bei uns endlich vorstellt. Es geht um einen Sarg, der aus Jeddah in Saudi-Arabien per Luftfracht auf dem Flughafen in Manila landet. Im Sarg die sterblichen Überreste einer Frau namens Aurora V. Cabahug, so sagen wenigstens die Begleitpapiere. Aber Aurora V. Cabahug ist unter dem Namen Rory als Nachtclubsängerin in der philippinischen Provinz quicklebendig. Allerdings ist ihre Schwester
Read More Mehr als „Kleine Stadt, große Geheimnisse“ Gunthrum, Nebraska, ist eine langweilige Kleinstadt, erst recht im Jahr 1985. Dort spielt Erin Flanagans Roman „Dunkelzeit“, passenderweise auch noch im Spätherbst und Winter, also in der Jagdsaison. Da verschwindet die Jugendliche Peggy spurlos. Die Kleinstadt steht Kopf. Der geistig etwas beeinträchtige Hal, ein Farmhilfsarbeiter, gerät unter Verdacht, mit Peggys Verschwinden zu tun zu haben. Nur seine quasi-Adoptivmutter Alma hält noch zu ihm, während alle anderen ihn schon vorverurteilt haben. Alma ist die Ehefrau von Clyle, einem Schweinezüchter, der nach dem Tod seiner Eltern deren
Read More Angst! Wieder mal aufgewärmt … „Ich verdiene mit Ängsten mein Geld“, sagte jüngst Sebastian Fitzek in einem Interview, und rekurriert damit auch auf ein früheres Gespräch von 2019 für ze:tt, das mit den Worten: „Thriller-Bestsellerautor Sebastian Fitzek weiß, wovor sich die Menschen am meisten fürchten“ angefeatured wurde. Auch wenn wir bei diesem letzteren Gespräch eher an eine gegenseitige Product-Placement-Aktion innerhalb der Holtzbrinck-Gruppe denken müssen (Fitzeks Verlag Droemer gehört dazu, ebenso wie DIE ZEIT, deren Online-Ableger ze:tt ist – Werbung für Fitzek, Clicks für ze:tt), ist klar, was eigentlich immer schon
Read More „Seventeen“, der Debutroman des britisch-kanadischen Drehbuchautors John Brownlow, ist ein Phänomen: Ein Roman, der bei leidlicher Genre-Kenntnis Schritt für Schritt voraussagbar ist, aber dennoch aufs Vergnüglichste unterhält. Seventeen, die Hauptfigur ohne Namen, ist Auftragskiller für eine Auftragskiller-Agentur. Er ist der Top-Mann der Branche, seit Sixteen, sein Vorgänger auf der Position, spurlos verschwunden ist. Durch geschickte Manipulationen und die finstere Ranküne us-amerikanischer Geheimdienste, die unbedingt einen Krieg gegen den Iran anzetteln wollen, ist Seventeen gezwungen, Sixteen aufzuspüren und zu liquidieren. Nebenbei erfahren wir in Rückblenden, wie unser Ich-Erzähler zum Profikiller wurde,
Read More Keimzelle dessen, was heute „Climate Fiction“ heißt Eine Besprechung von Thomas Wörtche Charles Ferdinand Ramuz (1878 – 1947) gehört zu den ganz großen Autoren der Schweiz, einst gar für den Nobelpreis gehandelt – heute allerdings ein wenig in Vergessenheit geraten. Für den Zürcher Limmat Verlag, der sich seit geraumer Zeit um sein Werk kümmert, ist die Neuausgabe von „Sturz in die Sonne“ aus dem Jahr 1922 (hier in der vom Autor überarbeiten Fassung von 1947) ein Glücksfall, makabrerweise. Denn „Sturz in die Sonne“ ist ein hochaktuelles Buch. Es erzählt von einer
Read More Phantombilder – ein Konzept und seine Folgen Ein paar Anmerkungen zu Georgiana Banitas Studie über eine nicht unproblematische Praxis – von Thomas Wörtche Racial Profiling, Polizeigewalt, schlimme Abschiebepraktiken, „predictive policing“ – alles strukturelle Probleme der „Inneren Sicherheit“, die glücklicherweise seit geraumer Zeit zumindest diskutiert werden. Teilweise gegen den erbitterten Widerstand von Polizeigewerkschaften und anderen konservativen Kräften, teilweise auch gegen eine indolente Öffentlichkeit und gegen Forderungen nach noch autoritäreren Strukturen, die nach der „ganzen Härte des Rechtsstaats“ verlangen, verbunden mit dem anscheinend ewigen Ruf nach „Recht und Ordnung“. Auf der anderen
Read More Hochrisiko-Roman, aktuell, virtuos „Wie ähnlich ist uns der Zackenbarsch, dieses äußerst hässliche Tier“ – das ist nun wirklich ein sehr ungewöhnlicher Titel, den sich da die österreichischen Schriftsteller und Dramatikerin Anita Augustin ausgedacht hat. Und er ist auch eine Verpflichtung für ein ebenso ungewöhnliches Buch. Der Roman erzählt von der Apothekerin Cornelia Karl, deren zwölfjährige Tochter Elli verschwunden ist. Cornelia Karl findet heraus, dass Elli möglicherweise einem Pädophilen zum Opfer gefallen ist. Offizielle und private Ermittlungen bringen keine Ergebnisse, also beschließt sie, da anzusetzen, wo Menschen, die pädophil veranlagt sind
Read More „Fotograf der Anderswelt“ nennt Freddy Langer in seinem Nachwort Miron Zownir, der in der Tat zu den Größten seines Fachs gehört. Zownirs Straßenfotografie gilt im Allgemeinen als radikal, tabu-brechend, extrem. Wegen seiner Sujets – dem Streetlife der Freaks, der Marginalisierten, Versehrten, den Devianten und anderen Außenseitern. Zownir blickt in Ecken, in die zu blicken, weh tun kann. Ohne Glamour, ohne sensationelle Grobreize. Extrem sind dabei die Lebensschicksale, die Lebensentwürfe, die soziale Situation der Menschen, die seine Kamera abbildet. Und es sind beileibe nicht nur Opfer der Verhältnisse, sondern auch Menschen,
Read More Demian Lienhards Roman “Mr. Goebbels Jazzband” langweilt Thomas Wörtche Schade, das hätte was werden können. „Mr. Goebbels Jazzband“, über die Demian Lienhards Roman handelt, hieß recht eigentlich „Charlie and His Orchestra“ und war ein Propaganda-Projekt von Goebbels Ministerium, um in der Radio-Sendung „Germany calling“ für den vermuteten angelsächsischen Geschmack die passende Musik zu haben. In den Wortbeiträgen hetzte der Chef-Kommentator William Joyce unter dem Namen „Lord Haw Haw“ gegen Churchill und die britisch-amerikanische Kriegspolitik. Musiker für diese Band zu finden, war nicht schwer, hatte doch die Weimarer Republik ein sehr
Read More Mathias Enards Roman „Der perfekte Schuss“ ist ein verstörendes Buch. Herauszufinden warum, versucht Thomas Wörtche In kriegerischen Zeiten ist „Krieg“ als Thema von Kunst und Literatur nicht besonders überraschend. Krieg hat Konjunktur. Und im Fall von Mathias Enards Roman „Der perfekte Schuss“ den Effekt, dass wir endlich diesen sperrigen, widerborstigen und gleichzeitig luziden Roman aus dem Jahr 2003 endlich in deutscher Übersetzung lesen dürfen. „Der perfekte Schuss“ ist ein Roman über einen namenlosen Scharfschützen in einem namenlosen Krieg. Angesiedelt in einem namenlosen Land, in einer unbestimmten Zeit. Die beschriebene Vegetation weist
Read More (Eine aus dem Ruder gelaufene Glosse) Stiften wir mal wieder ein bisschen Verwirrung: Die aktuelle Kriminalliteratur – wir reden hier nicht von industriell-standardformatierten Krimis – bewegt sich anscheinend in Richtung „Literatur“. Das ist völlig okay, denn schließlich soll Kriminalliteratur als selbstverständliche Komponente dessen wahrgenommen werden, was wir als „zeitgenössische Literatur“ bezeichnen. Betrachtet man Bücher wie Riku Ondas neuer Roman „Fische, die in Sonnensprenkeln schwimmen“ oder bedenkt man die Selbstverständlichkeit, mit der Antoine Volodines gerade (wieder)entdecktes Avantgarde-Werk „Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher“, das recht eigentlich ein Meta-Meta-Meta-Roman über – unter
Read More Stoff für fünf Epen Lyonel Trouillot gehört zu den wichtigsten Schriftstellern Haitis. Sein neuer Roman „Antoine des Gommiers“ belegt, warum, findet Thomas Wörtche Der titelgebende Antoine war in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts ein legendenumwobener „hougan“, ein Voodoo-Priester und Wahrsager. Sprichwörtlich in ganz Haiti ist seine Sentenz: „Wenn du im Irrtum verharrst, wird dir ein Unglück geschehen, das selbst Antoine des Gommiers nicht voraussehen kann“. Das behauptet zumindest Franky, angeblich ein Urgroßneffe des Meisters, der eine Biographie von Antoine schreibt. Das wissen wir vom Ich-Erzähler des Roman, Frankys Bruder Ti Tony.
Read More Literarische Abenteuer garantiert Thomas Wörtche über den Roman „Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher“ von Antoine Volodine Gerade beklagte sich der Literaturwissenschaftler Peter Brooks, dass wir zunehmend den Sinn für die „Fiktionalität von Fiktion“ verlieren, weil alles nur noch in „Narrativen“ verhandelt werde, selbst und gerade Geschichte. Dem würde der enigmatische, französische Autor Antoine Volodine sicher zustimmen, und könnte auf sein schon 1990 entstandenes Werk „Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher“ verweisen, das nach mehr als 30 Jahren endlich auch auf Deutsch zu lesen ist. Über die komplexe Entstehungsgeschichte
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