All posts by Karsten Herrmann

Posted On November 20, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Ingo Schulze: Neue Leben

Die Wende von unten Sieben lange Jahre arbeitete Ingo Schulze an seinem neuen Roman „Neue Leben“ – eine Zeit, die, wie in diversen Interviews zu lesen war, auch von einer tiefgreifenden „ästhetischen Verunsicherung“ geprägt war. Im Resultat entzieht sich der Erfolgsautor von „Simple Stories“ nun den hoch gespannten Erwartungen von Kritik und Publikum an den angekündigten „Wenderoman“ schlitzohrig durch eine literarische Finte: Kurzerhand tritt er nur als Herausgeber und sparsamer Kommentator eines vorgeblich im Jahre 1990 entstandenen Briefkonvoluts des in Dresden geborenen und aufgewachsenen Enrico Türmers auf, mit dem erRead More

Posted On Oktober 3, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

A.L. Kennedy: Paradies

Zwischen Paradies und Delirium „Die Wirklichkeit – nichts als Schrecken steckt darin.“ Diese negative Bilanz von Ich und Welt führt in das Zentrum des neuen Romans der ebenso hochgelobten wie eigenwilligen schottischen Autorin A.L. Kennedy. Ihre Protagonistin Hannah Luckraft ist Ende dreißig, hält sich mit Aushilfsjobs über Wasser und ist eine überzeugte Alkoholikerin mit schmuddeligen Pubs als zweiter Heimat: „Das Trinken macht mich frei. Das ist keine Qual. Das ist ein Geschenk.“ Nach dem Filmriss ist bei ihr vor dem Filmriss und danach beginnt die mühselige Rekonstruktion des Ichs, derRead More

Posted On August 29, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Joey Goebel: Vincent

Ohne Leid kein Preis Der 25-jährige Amerikaner Joey Goebel debütiert mit einem frechen Angriff auf unsere schöne neue Medienwelt. Mit sieben Jahren erhält der siebenjährige Vincent von seinem Manager einen wegweisenden Brief: „Du wirst nie glücklich sein […] Dir stehen harte Zeiten bevor, Kleiner. Du bist gewarnt.“ Der hochbegabte und aus einer kaputten Familie stammende Vincent ist das Versuchskaninchen in einem wahnwitzigen Experiment des krebskranken Medienmoguls Foster Lipowitz. Nachdem dieser die Welt in einen sinn- und keimfreien, gnadenlos nivellierten Unterhaltungskosmos verwandelt hat, möchte er die Welt vor seinem Tod nochRead More

Posted On Juli 25, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Ian McEwan: Saturday

Kollabierende Ungewissheit „Und wenn die erste Explosion London erschüttert…“ – kein Prophet, sondern wohl nur ein kritischer Realist musste Ian McEwan sein, um die Terroranschläge von London literarisch vorherzusagen. Der im Jahr 2003 bevorstehende Irakkrieg und seine unabsehbaren Folgen bilden die Folie seines neuen Romans „Saturday“. In London versammeln sich am 15. Februar zwei Millionen Menschen zu einer Friedensdemonstration. Derweil fährt der Neurochirurg Henry Perowne mit seinem silbernen Mercedes S 500 zum Squash-Spiel mit einem Kollegen. Auf der Fahrt kommt es zu einer schicksalhaften Kollision mit dem Schläger und KleinkriminellenRead More
Argentinische Feinkost Spannende literarische Feinkost bieten die hierzulande noch unbekannten argentinischen Autoren Juan José Saer und Guillermo Martinez und führen dabei in die Tiefen von Wahrheit, Wirklichkeit und Logik. Ein unheimlicher Serienmord an alten schutzlosen Frauen in Paris ist der rote Faden in Juan José Saers Roman „Ermittlungen“. Der Täter hinterlässt dabei ein schier unbeschreibliches „Schlachtfeld der Auslöschung und Extravaganz“, doch keinerlei für den mit unermüdlicher Leidenschaft ermittelnden Kommissar Morvan verwertbare Spuren. Doch eine „obszöne Geometrie des Verbrechens“ führt immer näher an die Sonderdienststelle heran und der Täter scheint ausRead More

Posted On Juli 11, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher

David Peace: 1974.

Extra Hard Boiled Nach dem Debüt-Roman des jungen Briten David Peace fühlt sich der Leser, als wäre er ganz fürchterlich unter die Räder gekommen – so wie der Protagonist Edward Dunford, für den am Ende keine Hoffnung bleibt. Der 13. Dezember 1974, der Tag, an dem er auch seinen Vater zu Grabe trägt, ist zugleich der erste Arbeitstag von Edward Dunford als Gerichtsreporter bei der Evening Post in Yorkshire. Ein Tag zuvor ist die 10jährige Clare auf dem Nachhauseweg von der Schule verschwunden. Das Greenhorn Dunford, das sich gegen seinenRead More

Posted On Juni 6, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Leander Scholz: Fünfzehn falsche Sekunden

Psychotrip ins Leere In seinem neuen Roman schickt Leander Scholz seine Leser in einen um die Auswüchse der modernen Medizin kreiselnden Psychotrip. „Go West“ hieß einst das Credo der amerikanischen Pioniere und hundert Jahre später propagierte William S. Burroughs schon das Bewusstein als das letzte neu zu entdeckende Territorium. In seinem neuen Roman „Fünfzehn falsche Sekunden“ zeigt Leander Scholz nun, das dieser neue Westen durch Gen- und Transplantationstechnik sowie Psychopharmaka gnadenlos der Manipulation ausgeliefert ist und selbst der Tod nicht mehr das ist, was er einmal war. Scholz Protagonistin CelesteRead More

Posted On Mai 16, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Enrique Vila-Matas: Paris hat kein Ende

Paris ohne Ende Die Schriftsteller-Lehrjahre wie das große Vorbild Ernest Hemingway in Paris verbringen und hier zum Durchbruch gelangen – das ist Traum und Ziel des jungen spanischen Protagonisten in Enrique Vila-Matas neuen Roman „Paris hat kein Ende“. Nach einem abgebrochenen Jurastudium mietet sich Vila-Matas Anti-Held im Jahre 1974 für 100 Francs bei Marguerite Dumas in einer Dachmansarde ein und findet Kontakt zur schillernden Boheme. Mit Sartre-Pfeife und schwarzem Rollkragenpullover treibt er sich mit der Attitüde des von Weltschmerz gezeichneten „poete maudit“ in den Pariser Cafés und Kneipen herum. VölligRead More

Posted On April 18, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

T.C. Boyle: Dr. Sex

Pralles Leben In seinem neuen Roman, der in das puritanische Amerika der 30er – 50er Jahre und die bahnbrechenden Sexforschungen von Alfred Kinsey führt, erweist sich T.C. Boyle einmal mehr als meisterhafter, süffiger Erzähler. Sex war im puritanischen Amerika der 30er bis 50er Jahre das große Tabuthema. Kaum wagte jemand, dieses Wort überhaupt nur auszusprechen und für bestimmte Sexualpraktiken wie Oralverkehr drohten sogar lange Haftstrafen. In diesem Klima der Verklemmungen, Gerüchte und Unwissenheit schlugen die Forschungen des Zoologen Alfred Kinsey und seine Bücher über das sexuelle Erleben des Mannes undRead More

Posted On Februar 21, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Francisco Casavella: Der Tag des Watussi

Faszinierendes Irrlichtern Mit seinem neuen Roman fordert der Spanier Francisco Casavella seine Leser heraus und warnt sie in einem kafkaesken Prolog auch gleich vor: „Wir geraten in Labyrinthe ohne Plan, Spiralen ohne Zentrum.“ In einer Rückblende lässt Casavella seinen dreizehnjährigen Protagonisten Fernando dann vom „wichtigsten Tag“ seines Lebens berichten, dem „Tag des Watussi“. Anfang der siebziger Jahre steht Fernando auf der Schwelle zwischen unschuldigen Kinderspielen und ersten Grenz- und Gesetzesüberschreitungen mit dem hinkenden Zigeunerjungen Pepito. Ihr Abenteuerspielplatz ist die schäbige Peripherie Barcelonas mit dem Hafen, dem alten Olympiastadion und verrufenenRead More

Posted On Februar 21, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

H.D. Thoreau: Walden oder Leben in den Wäldern

Die Utopie des Menschseins Nicht nur was für Hesse-Leser: „Walden oder Leben in den Wäldern“ von Henry David Thoreau (1817-1862). Vor 150 Jahren erschien Henry David Thoreaus Hauptwerk „Walden“. Auch heute noch besticht dieser Essay-Zyklus, in dem der Philosoph, Naturschwärmer und Landvermesser von seinem Leben in einer einsamen Blockhütte in Massachussets erzählt, durch eine luzide Zivilisations- und Kapitalismuskritik sowie durch ein radikales Konzept der Selbstverwirklichung. Thoreaus Leben in den Wäldern war als ein bewusstes Experiment angelegt, um dem „Narrenleben“ in den Städten zu entfliehen und zu „einer wahren Ganzheit“ zuRead More

Posted On Februar 14, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Harald Bloom: Genius

Literarische Genies Harald Bloom stellt auf tausend Seiten Literaturgeschichte die Frage nach dem literarischen Genie. „Das beste Genie ist das, welches alles in sich aufnimmt, sich alles anzueignen weiß, ohne daß es der eigentlichen Grundbestimmung, demjenigen, was man Charakter nennt, im mindesten Eintrag tue, vielmehr solches noch erst recht erhebe und durchaus nach Möglichkeit befähige…“ Literaturgeschichte als Mosaik Goethe hatte noch eine klare Vorstellung von einem Genie und zu Zeiten der Romantik und Klassik war die Rede darüber auch noch gang und gäbe. Doch in unseren Zeiten der Stars undRead More

Posted On Februar 7, 2005By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Juan Bas: Skorpione im eigenen Saft

Erst topp, dann Flopp Virtuos und kulinarisch schwelgend lässt der spanische Autor Juan Bas seinen Roman „Skorpione im eigenen Saft“ beginnen und zieht den Leser tief in seine Geschichte – doch dann versalzt er ihm die sämige Suppe. Erzählt wird die Geschichte von Pacho, der ein verwöhnter, „glücklicher und verantwortungsloser Nichtsnutz“, ein Spieler, Dandy, Gourmet und Lebemann, kurz: ein Connaisseur bester Prägung ist. An einem schicksalhaften Tag lernt Pacho, dem gerade von seinem reichen Herrn Papa der Geldhahn zugedreht wurde, „Asti“ Anton Astigarraga kennen. Dieser „dem Genuss, dem Exzess undRead More

Posted On Dezember 13, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Andre Dubus III: Der letzte Tanz

Große Kunst der Kurzgeschichte Mit seinem wunderbaren und mit Ben Kingsley jüngst verfilmten Roman „Haus aus Sand und Nebel“ hat sich Andre Dubus III auch hierzulande als einer der besten amerikanischen Autoren Gehör verschafft. Nun liefert der Beck-Verlag mit „Der letzte Tanz“ auch die schon zehn Jahre zuvor entstandenen Kurzgeschichten des früheren Barkeepers, Privatdetektivs und Bewährungshelfer nach. Dubus Geschichten sind Geschichten von Außenseitern, Geschundenen und Gescheiterten, es sind Geschichten von den kleinen und großen tragischen Momenten im Leben. Lakonisch und zuweilen auch mit zarter Poesie dringt er dabei in dieRead More

Posted On Dezember 6, 2004By Karsten HerrmannIn Litmag, Porträts / Interviews

Juli Zeh im Gespräch

„Die Welt ist längst aus den Fugen geraten“ Mit ihrem neuen Roman „Spieltrieb“ ist der erst dreißigjährigen Juli Zeh nach fast einhelliger Meinung der Kritik ein großer Wurf gelungen. Sie beschreibt in ihrem nach „Adler und Engel“ zweiten Roman, wie zwei junge Schüler, die an nichts mehr glauben, ein perfides Spiel mit ihrem Lehrer treiben, das in die Katastrophe zu münden droht. Das Gespräch führte Karsten Herrmann Zur Zeit schreibt die Voll-Juristin und Hundeliebhaberin an ihrer Promotion zum Völkerrecht sowie an einem „Konversationslexikon für Haushunde“. Am Montag, den 29. November, liestRead More

Posted On November 22, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher

Pepetela: Jaime Bunda, Geheimagent

Skurriler Schnüffler Die Krimis des Züricher Unions-Verlages bieten den Lesern immer wieder die schöne Gelegenheit, Cops, Agenten und Privatdetektive rund um die Welt bei ihren Ermittlungen zu begleiten – vom Bosporus bis Bangkok, vom Zuckerhut über Havanna bis Anchorage. Mit Jaime Bunda aus Angola ist nun ein weiterer schillernder Vertreter dieser Zunft hinzugekommen. Jaime Bunda – man achte auf die natürlich nicht zufällige Klangverwandtschaft mit James Bond – ist ein schwergewichtiger, schildkrötenlangsamer Praktikant bei angolanischen Geheimdienst SIG, er ist ein „Bulle vom Bunker“. Nach dem Mord an einem 14jährigen MädchenRead More

Posted On November 15, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher

Veit Heinichen: Tod auf der Warteliste

Ein Commissario auf der Kippe Wie gewohnt vereinigt Veit Heinichen auch in seinem neuen Triest-Krimi die Spannung mit viel Lokalkolorit und politischen Seitenhieben. Eigentlich scheint für Commissario Proteo Laurenti, dem Protagonisten von Veit Heinichens atmosphärisch dichten Triest-Krimis, alles prima zu laufen: Die Kinder sind aus dem Haus, er wurde zum „Vize-Questore“ befördert, ist mit seiner Frau Laura in ein chickes Haus mit herrlichem Meerblick umgezogen und leistet sich als Bonbon auch noch eine rassige Geliebte. Doch dann schlägt nicht nur das Verbrechen zu… Skrupellose Organhändler-Mafia In seinem dritten Fall hatRead More

Posted On November 15, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Eric-Emmanuel Schmitt: Die Schule der Egoisten

Philosophisches Spiegelkabinett Nach den großen Erfolgen seiner Erzählungen „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Korans“ und „Oskar und die Dame in Rosa“ ist nun mit zehnjähriger Verspätung auch das Debut von Eric-Emmanuel Schmitt auf deutsch erschienen. In „Die Schule der Egoisten“ präsentiert der in diesem Jahr mit dem „Deutschen Bücherpreis“ ausgezeichnete französische Autor uns ein Rätselspiel mit philosophischer Grundierung: Durch Zufall stößt sein Held, ein versponnener Philosophiedoktorand, in der Bibliothéque Nationale auf den exzentrischen Philosophen Gaspar Languenhaert, der im 18. Jahrhundert in den Pariser Salons für Aufsehen sorgte. Er vertratRead More

Posted On November 8, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Juli Zeh: Spieltrieb

Der Schrecken des Nichts Welche Orientierungsmarken und Grenzen gibt es noch in einer Welt, die den „Tod Gottes“ und das Ende der großen Erzählungen zu verkraften hat und in der Recht und Moral durch die universelle Tauschkraft des Geldes ersetzt worden sind? Diese Frage thematisiert Juli Zeh auf packende Art und Weise. In ihrem neuen großen Roman nach dem hochgelobten „Adler und Engel“ stellt sich die erst 30jährige Juli Zeh der „conditione postmoderne“ in all ihren Verwerfungen – von der zermürbenden Wiederkehr des ewig Gleichen bis zum apokalyptischen Gewaltausbruch. SieRead More

Posted On Oktober 4, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Jonathan Lethem: Die Festung der Einsamkeit

Hommage an Brooklyn Brooklyn ist nicht erst seit Selbys „Last Exit to Brooklyn“ eine literarische Legende – umwabert von unzähligen Ghetto-, Gangsta- oder (Off-) Kunst-Legenden ist er einer der bis heute quirligsten und authentischsten New Yorker Stadtteile geblieben. Mit „Die Festung der Einsamkeit“ legt Jonathan Lethem nun eine fast siebhundertseitige, facettenreiche Hommage an diesen 2 1/2-Millionen-Moloch vor. Neben dem eigentlichen Protagonisten Brooklyn spielt Dylan Ebdus eine zentrale Hauptrolle in diesem Roman. Fünf Jahre alt ist er, als er in den späten Sechzigern mit seiner kettenrauchenden Hippie-Mutter und seinem verschrobenen KünstlervaterRead More

Posted On September 27, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Chang-rae Lee: Turbulenzen

Süffige Virtuosität Chang-rae Lee zeichnet in seinem neuen Roman „Turbulenzen“ mit leichter Hand eine multi-kulturelle Familiengeschichte. „Von hier oben, achthundert Meter über der Erde, sieht eigentlich alles ganz perfekt aus“ – wenn Jerry Battle mit seiner Propellermaschine „Donnie“ über Long Island schwebt, löst sich der übliche Alltagswust aus kleinen und großen Katastrophen, nervigen Routinen und verzwickten Beziehungen zu einer wunderbaren Klarheit und Leichtigkeit auf. Jerry Battle ist der Ich-Erzähler von Chang-rae Lees neuen Roman „Turbulenzen“. Mit seinen knapp 60 Jahren könnte Jerry, der seine Gartengestaltungsfirma schon an seinen Sohn JackRead More

Posted On August 29, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

David Mitchell: Chaos. Ein Roman in neun Teilen

Kosmopolitische Geschichten David Mitchells „Chaos.“ – voluminöse Story-Sammlung oder das Modell für die Literatur des 21. Jahrhunderts? Die englische Literatur ist reich gesegnet mit schreibenden Kosmopoliten und Wanderern zwischen den Kulturen wie Salman Rushdie oder Hanif Kureishi. Mit einem rund um den Globus führenden „Roman in neun Teilen“ gesellt sich nun der junge David Mitchell aus entgegengesetzter Richtung hinzu. Der 1969 in Lancaster geborene Mitchell lebt heute als Universitätsdozent in Hiroshima und so spielt auch die Auftaktgeschichte in seiner neuen japanischen Wahlheimat. Aus der Ich-Perspektive erleben wir einen japanischen Sektierer,Read More

Posted On Juli 19, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher

Francesco Petrarca

Aufbruch in die Neuzeit Vor 700 Jahren wurde Francesco Petrarca geboren. Gekrönter Dichterkönig, Philosoph, Bergsteiger, Bibliophiler und Diplomat – Francesco Petrarca war ein Universaltalent. Mit ihm endete das Mittelalter und die Neuzeit brach sich ihre Bahn. Untrennbar sind so die Renaissance und der Humanismus mit dem Namen Petrarcas verbunden – und damit der Versuch einer Wiedergewinnung der Antike als Gegenmittel zum beklagten Kulturverfall der eigenen Zeit. Wiedergewinnung bedeutete dabei allerdings nicht Imitation, sondern Interpretation und Anverwandlung der Antike im Wissen um die historische Distanz. Mit Petrarca beginnt die Abkehr vonRead More

Posted On Juli 12, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

M. Cassini (Hg.): Auf der Suche nach Amerika

Die neue Generation Quer durch Amerikas (Seelen-)Landschaften führen uns 19 starke Short Stories einer neuen Generation amerikanischer Schriftsteller. Mit Jeffrey Eugenides, Jonathan Safran Foer oder David Foster Wallace sind große Namen ebenso dabei wie neu zu entdeckende, z. B. George Saunders, Judy Budnitz oder Amanda Davies. Der Sound der Stories, die in New York, in den einsamen Weiten des mittleren Westens, in heruntergekommenen Vorortgegenden Floridas oder ortlosen „überdachten Einkaufszentren“ spielen, ist von leichter Lethargie und Melancholie gezeichnet. Es scheint etwas unwiderruflich verloren im Leben dieser Generation: die Seele, der SinnRead More

Posted On Mai 29, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Rujana Jeger: Darkroom

Ein Leben in Splittern Rujana Jeger seziert das traurige Lebensgefühl einer von Krieg und Umbrüchen geschüttelten „Generation X“ auf poetische und obszöne Weise. „… Das Leben ist wie ein Darkroom, sagt Kristijan. Du weißt nie, wer dich wie fickt und wen du wie fickst. Aber es ist zu aufregend, als dass du einfach so rausgehen könntest.“ Auf der Folie des zerfallenen und vom Krebsgeschwür des Krieges durchzogenen Jugoslawiens setzt die 1968 in Zagreb geborene und heute in Wien lebende Rujana Jeger ein (ihr?) Leben aus kleinen Splittern, Szenen und FragmentenRead More

Posted On Mai 29, 2004By Karsten HerrmannIn Bücher, Litmag

Henry Miller: Frankreich. Land der Erinnerung

Beschwörende Hommage Mit seinem 1934 in Paris erschienenen und in Amerika lange Zeit indizierten Roman „Wendekreis des Krebses“ begründete Henry Miller seinen literarischen Ruhm. Ekstatisch, tabulos, intellektuell, obszön und poetisch erzählt der puritanisch erzogene Amerikaner hier von seinen glühenden Pariser Tagen und Nächten. In seinem neu übersetzten Erinnerungsbuch „Frankreich“ können wir ihn nun aus rein autobiographischer Perspektive noch einmal in diese bewegte und bewegende Zeit begleiten. Niedergeschrieben wurden diese Erinnerungen während des Zweiten Weltkriegs, quasi im amerikanischen „Exil“, denn „Frankreich war für mich Mutter, Geliebte, Heimat und Muse“ geworden, „eineRead More